Selbstkritik ist was anderes

Tamedia berauscht sich am neusten «Qualitätsreport». Alles in allem alles super; stinksaure Frauen kommen nicht vor.

Gutes Timing ist alles, das weiss jeder Journalist (und jeder Politiker). Zu früh ist schlecht, zu spät auch. Und dann gibt es noch die ärgerlichen blöden Zufälle. Wie zum Beispiel den, dass der als Zubrot vom ehemaligen Tagi-Chefredaktor Res Strehle jährliche «wir klopfen uns auf die Schulter»-Report ausgerechnet dann erscheint, wo Tamedia in den Schlagzeilen ist wegen angeblich unerträglicher Behandlung von Mitarbeiterinnen.

Aber davon soll der Gottesdienst natürlich nicht gestört werden, auch im Interview mit persoenlich.com wird Strehle nicht auf dieses sehr dominante Thema angesprochen. Wahrscheinlich aus der Überlegung heraus: Steht in diesem Report nicht drin, also lassen wir das.

In dem Report stehen klitzekleine Kritiken und ein grosses Lob.Gespendet von völlig unabhängigen Experten wie dem Rentner Felix E. Müller, Vinzenz Wyss und Otfried Jarren.

Das «Magazin» soll spitze sein?

Wie der – von Strehle an der Hand geführt – zum gemeinsamen Schluss kommen kann, dass das «Magazin» in «allen Qualitätsuntersuchungen» gut wegkomme und das Thema Corona ansprechend abgehandelt habe, ist schleierhaft. Diese zum Skelett abgemagerte Ruine, wo früher einmal ein wirklich hochstehendes Magazin gestaltet wurde, mit guten und extra dafür durchgeführten Reportagen, Essays und Analysen.

Um das so zu sehen, reicht schönsaufen nicht aus, da müssen auch verbotene Substanzen im Spiel gewesen sein. Ebenso bei dieser krachlustigen Selbstbeweihräucherung von Strehle zu Corona: «Das Qualitätsmonitoring kam insgesamt zum Schluss, dass die Tamedia-Redaktionen mit hoher Kadenz zu diesem Thema berichteten und dabei eine Mischung von vermittelnder und behördenkritischer Berichterstattung boten.»

Echt jetzt? Von welchen Redaktionen spricht er da? Gibt es ein Paralleluniversum, in dem ein solcher Tamedia-Konzern existiert? In unserer Welt wurden in hoher Kadenz Forderungen, Kritiken, fachmännische Meinungen von Laienjournalisten im Wechsel mit geradezu kriecherischer Übername aller offiziellen Positionen geboten.

Offenbar ist im ganzen Thema Qualitätskontrolle bei Tamedia der Wurm drin. Da darf eine Mitunterzeichnerin eines Protestschreibens in aller Objektivität untersuchen, ob die darin erhobenen Vorwürfe auch zutreffen. Und hier darf ein durch seine Flexibilität in Erinnerung gebliebener Ex-Chefredaktor einen Qualitätsraport federführend gestalten?

Der Begriff Feigenblatt ist da geradezu ein Euphemismus.

Feigenblatt? Sitzt.

9 Kommentare
  1. Martin Schwizer
    Martin Schwizer sagte:

    «Thema Corona ansprechend abgehandelt habe, ist schleierhaft….» Nein, Herr Zeyer, wie der Tagi das Thema vor allem bis in den letzten Herbst behandelt hat, war ungehobelte Behördenpropaganda direkt aus dem getäferten Kämmerlein zu Bern. Man musste die Augen voller Brainwash-Restwasser zugeklebt haben, um das nicht zu sehen. Als ich Strehles Passage hierzu las, wusste ich nicht, ob mich ein Lachanfall oder ein Wutausbruch überkam. Ich entschied mich für Abscheu.

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  2. Simon Ronner
    Simon Ronner sagte:

    Je länger je mehr beginne ich als Aussenseiter zu verstehen, warum in dieser Branche so vieles schief läuft.

    «Journalisten haben, positiv ausgedrückt, ein gutes Selbstbewusstsein.» (Claudia Blumer [Tamedia] bei Schawinski)

    Als Medienkonsument nehme ich dies folgendermassen wahr: Autistisches Gebaren, Unwillen zur Selbstkritik, fehlender Input von Berufsleuten aus anderen Branchen, Selbstüberschätzung, Kontrollmechanismen die entweder inexistent sind, oder dessen Resultate ignoriert- oder schöngesoffen werden. Dazu die saubequeme, fett und denkfaul machende Abschottung in der linken Gesinnungsblase.

    Diese Branche wird noch weiter abschiffen.

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    • Victor Brunner
      Victor Brunner sagte:

      «… ein gutes Selbstbewusstsein…?». Zitat aus dem Brief der 78: «…das die Betreuung durch psychologische Fachpersonen mit einbezieht…».

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  3. Tim Meier
    Tim Meier sagte:

    Qualitätspresse ist, wenn man noch immer so tut, als sei der Biden ein «normaler» Präsident und geistig voll auf der Höhe. Da Biden schlicht nichts hergibt, werden halt Stories geliefert, wie Kerry mit der Greta das «Klima rettet».
    Es gibt zum Glück noch andere Quellen für den an Politik interessierten Zeitgenossen:
    https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/aus-aller-welt/biden-verhaspelt-sich-immer-oefter-noch-immer-keine-pressekonferenz/

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    • Martin Schwizer
      Martin Schwizer sagte:

      Ein dümmliches Ranking, worin natürlich Trump den letzten aller Plätze in der Hölle einnehmen darf, reichte dann Herr Capodici der verzückten Leserschaft mangels Hingucken bei Biden nach. Danach brannte die Kommentarspalte wie ein Fegefeuer des Eitelkeiten. So stelle ich mir Sechseleuten der tadelosen Bessermenschen oder den Höllenschmorbratengrillabend der woken Herde vor. Einfältigkeiten und Eintönigkeiten mit Schulterklopfen bis zum Schlüsselbeinbruch.

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    • Martin Schwizer
      Martin Schwizer sagte:

      Ich habe mir seinen Auftritt im Link angeschaut, Biden erregt eigentlich nur noch Mitleid. Da stellt sich die Frage, wer kränker ist, er (mit möglicher Demenz) oder die Medien. Ich tippe in der Summe auf die Medien.

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  4. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    TA Media ist immer wieder für Satire gut! Res Strehle, alter weisser Mann, 69, bis 2015 Chefredaktor des Tages-Anzeigers ist Projektleiter des Qualitätsreporting 2020. Das ist etwa wie der katholische Kardinal den Bischof beauftragt Missbrauchsfälle in seinem Bistum persönlich zu untersuchen!

    Natürlich kennt Strehle wie der Bischof seine Spezies, er hat mit ihnen zusammen gearbeitet, er ist ihnen freundschaftlich verbunden, er will ihnen nichts Böses. Nach wie vor ist die Zeitung sein wichtigstes Informationsmedium. Da übersieht man schon manchmal interessantes. Beispielweise Transparenz, woher stammen die Artikel, ist er aus dem Münchner Hilfsfonds der SZ für den Tages-Anzeiger, was heisst publiziert? Welche Artikel wurden mit Sachleistungen unterstützt, ein Essen, ein Buch, eine Flasche Olivenöl oder ein Hotelaufenthalt mit Partner*in (für Salome um den Tag zu versüssen)? Solche Goodies haben Einfluss auf die Artikel. Was meint die Gruppe zu den zunehmenden nice-to-have-Artikeln?

    Völlig daneben die Beurteilung zur Corona Berichterstattung. TA war wie viele Medien schlechter Zirkus. Bis August/September 2020 Salto vorwärts, ab September Salto rückwärts. Ab Oktober Salto immer wieder wechselnd je nach Stimmungslage und Kompetenz der Journalisten*innen (für Salome). Der flexibelste und bemerkenswerteste Akrobat war und ist der Dr. Chefredaktor. Der hat in seinen Kommentaren alles geschafft, von Heiligsprechung der Behörden, BAG und BR, bis zur Verdammung in die Hölle!

    Eine Eigenschaft kann Res Strehle nicht abgesprochen werden, Loyalität!

    Satire ist auch dass Claudia Blumer, Mitunterzeichnerin des Briefes der 78 offiziell damit beauftragt wurde den Wahrheitsgehalt der Behauptungen zu überprüfen. Da ist dann die «Bischöf*in (für Salome) an der Arbeit und kann schon mal passend zurechtbiegen. Peinlich für das HR und die für Missbrauch und Sexismus zuständigen Stellen bei TA Media, deutlicher kann ihnen die «Führungsriege» das Misstrauen und Inkompetenz nicht ausdrücken!

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  5. Benno Derungs
    Benno Derungs sagte:

    Mag den Begriff «schönsaufen». Trifft bei der Magerkost «Magazin» wirklich zu.

    Alle kennen den Spruch «Wer ein totes Pferd reitet, steige ab»

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    • Martin Schwizer
      Martin Schwizer sagte:

      Es gibt leider genügend I…ntelligente, die sich gleich auf den freigewordenen Sattel breitbeinig setzen wollen. Das macht das Pferd aber nicht lebendiger.

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