Wenn das BAG seine Medikamente nicht nimmt

Das Bundesamt für Gesundheit setzt Prioritäten – auf eigenartige Weise.

Das BAG beschäftigt 600 Nasen, die sich um die Gesundheit der Schweizer kümmern sollen. Das tun sie normalerweise ziemlich geräuschlos, unter Einhaltung der Bürozeiten und ohne grosse Wellen zu schlagen.

Regelmässig versagen sie bei einer ihrer Hauptaufgaben, die Kosten fürs Gesundheitssystem nicht weiter explodieren zu lassen. Aber dafür können die Beamten nichts.

Seit Corona ist alles anders. Urplötzlich wurden alle Scheinwerfer auf das BAG gerichtet, auf den «Mr. Corona», der noch heute von seinem zweifelhaften Ruf als Schlafpille zehrt. Auf seinen völlig überforderten und schon geistig in der Pensionierung schwebenden Chef. Auf all die grösseren und kleineren Schnitzer, die zur Hast angetriebene Beamte halt machen, wenn der Büroschlaf durch Hektik und Aktivität abgelöst wird.

Eine neue Direktorin will «Misses Corona» werden

Am 30. April 2020 gab der Bundesrat bekannt, dass er mit Anne Lévy eine neue Direktorin des BAG ausgeguckt hatte. Die studierte Politwissenschaftlerin hatte sich im BAG langsam nach oben gearbeitet, und am 1. Oktober ging sie ans Gerät.

Blöd nur, dass nach dem allgemeinen Aufatmen im Sommer sich die Zeichen verdichteten, dass nun doch eine zweite Welle über die Schweiz hereinbrechen wird. Was tun, wie reagieren, wie steht’s mit Impfungen; statt Gemütlichkeit und ruhiges Kaffeetrinken brach wieder Hektik aus.

Durch ihre mediale Bekanntheit, nach Bundesrat Alain Berset die Nummer zwei in Medienorientierungen, zog sie  – wie viele prominente Menschen in schwierigen Zeiten – auch einige Hasser, Hetzer, ungefährliche und möglicherweise auch gefährliche Irre auf sich.

Polizeieinsatz mit Folgen

Das News-Portal nau.ch berichtete exklusiv, dass es am Wohnsitz von Lévy in Bern letzte Woche zu einem Polizeieinsatz gekommen sei. Der Chefredaktor griff persönlich in die Tasten und schrieb: «Besorgten Augenzeugen ist aufgefallen, dass sich die Polizeipräsenz im Quartier erhöht hat und oftmals Streifenwagen durchs Quartier patrouillieren. Am vergangenen Donnerstag beobachteten Augenzeugen, wie bewaffnete Beamte am späteren Nachmittag bei Lévy ins Gebäude eindrangen.»

Hatte sich die Polizei in ihrer Wohnung verlaufen?

Glücklicherweise nur ein Fehlalarm, winkte die Berner Kantonspolizei ab. Aber die Chefin des BAG blieb alarmiert. Denn in einem Nebensatz hatte nau.ch erwähnt, dass sich Lévy zusammen mit ihrem Mann eine 8,5-Zimmer-Wohnung in Bern gönnt.

Wie «Inside Paradeplatz» enthüllte, musste nau.ch nach Intervention des BAG diese Informationen löschen. Das BAG bestätigt das gegenüber Lukas Hässig mit einer befremdlichen Begründung: «Die Information war irrelevant für die Berichterstattung und es besteht kein öffentliches Interesse.»

Hoppla, ein Sesselfurzer im BAG bestimmt nun selbstherrlich, was relevante und irrelevante Informationen sind, und wer oder was von öffentlichem Interesse sei? Aber in Wirklichkeit ist es noch viel schlimmer und absurder. Nicht nur, dass Hässig nachtrug, dass die Klause schlappe 5000 Franken im Monat kostet, für Bern exorbitant.

Hier kümmert sich die Chefin persönlich um Kleinigkeiten

Denn mit dieser Auskunft versucht das BAG, seine im roten Bereich drehende Chefin wieder einzufangen. Wie verlässliche Quellen aus dem BAG berichten, spielte sich diese «Intervention» nämlich sehr speziell ab.

Anne Lévy habe wutentbrannt und persönlich zum Telefonhörer gegriffen, um die nau.ch-Redaktion mit voller Phonstärke zusammenzustauchen. Man könne das nicht anders als Gebrüll bezeichnen, heisst es aus dem BAG. Ausserdem habe Lévy drei Mal damit gedroht, eine Klage einzureichen und mit der ganzen Macht der BAG-Rechtsabteilung über nau.ch herzufallen.

Wenn nicht sofort, aber subito, aber am besten vorgestern, die Angabe über die Grösse der Wohnung gelöscht würde. Dass Lévy es nicht gerne sähe, wenn ihre genaue Adresse publiziert würde, ist aus Sicherheitsgründen verständlich.

Was aber unstatthaft daran sein soll, die Anzahl Zimmer bekannt zu geben? Wie Hässig nicht falsch vermutet, könnte es doch sein, dass Lévy den Eindruck vermeiden will, dass nicht zuletzt das BAG die Schweizer in den Lockdown zwingt, durch wiederholte Schulschliessungen vier- oder mehrköpfige Familien dazu verurteilt, in ihrer 3-Zimmer-Wohnung aufeinanderzuhocken, was vorher nicht so störend war, weil Kinder und Vater oder sogar beide Elternteile den Tag ausserhalb verbrachten.

Währenddessen joggt die oberste Seuchenbekämpferin mit ihrem Mann durch eine 8,5-Zimmer-Wohnung und kann sich überlegen, ob man das Dinner im Speisesaal, in der Bibliothek, ganz formlos in der Küche oder vielleicht gleich in einem der Schlafzimmer einnehmen möchte.

Selbstherrlich, offenbar überfordert 

Ein solches selbstherrliches Verhalten einer Chefbeamtin, nicht gewählt, sondern ernannt, kennt man höchstens aus autokratischen Unrechtsstaaten. Aber dass in Bern die Leiterin des zurzeit wohl wichtigsten Amtes, während der Bekämpfung einer Pandemie-Krise, höchstpersönlich zum Telefon greift, um eine Redaktion zusammenzubrüllen, dabei noch mit der Macht der BAG-Anwälte droht, das ist unerhört. Was sagt nau.ch dazu? Chefredaktor Micha Zbinden: «Wir äussern uns nicht mehr zum vermeldeten Polizeieinsatz bei Frau Lévy. Der Fall ist für uns abgeschlossen.»

Dass anschliessend die Medienstelle des BAG händeringend versuchen muss, diesen Fauxpas wieder einzufangen, peinlich. Dass sich bislang kein grosses Medienhaus traut, diesen Skandal aufzunehmen, weil man gerade gut Wetter für möglichst hohe Staatssubventionen machen will, auch das ist betrüblich.

Denn eins ist klar: Nach einem solchen Vorfall müsste es selbstverständlich sein, dass Lévy demnächst sehr viel mehr Zeit haben wird, ihre Riesenwohnung zu geniessen.

10 Kommentare
  1. Andreas Willy Rothenbühler
    Andreas Willy Rothenbühler sagte:

    Zackbum darf sich mal Besitzer und Finanzierung von NAU.ch anschauen.
    Dann wird klar,das Bundesbern eine Hochrisikozone für den Inhalt von Nau ist.
    Gemessen an den Klickzahlen , müsste Zackbum Nau 100 Mal soviel Aufmerksamkeit schenken,wie Bajour.

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  2. Tim Meier
    Tim Meier sagte:

    Nun, Vorbild ist ihr Chef. Der liess bekanntlich auch alle Spuren zu einer ihm bekannten Frau durch die Bundesbehörden ausradieren. Die unteren Chargen müssen sich selber drum kümmern. Scheinbar ist dazu trotz Krise noch genügend Zeit vorhanden.

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  3. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Frau Levy vom Basler Daig will halt nur Gefälligkeitsjournalismus. Wohlfeile Porträt wie in einer Nachrichtensendung von SRF wo sie als eine von 5 «Leuchtturm»-Frauen porträtiert wurde. Immerhin wusste man nach dem Beitrag dass Frau Levy einen Hund hat, diesen zur Arbeit in das BAG mitnimmt, was natürlich dann anderen MitarbeiterInnen auch erlaubt ist, Tiere am Arbeitsplatz. Da geht natürlich Aufmerksamkeit und Arbeitszeit verloren. die Tiere erfordern Aufmerksamkeit! Das BAG geht mit gutem Beispiel voran, ein Effizienzsenkungsprogramm. Peinlich dass Frau Levy interne Juristen für eine private Angelegenheit zu Hilfe holen wollte!

    Das NAU einknickt versteht sich, die Abschreibestube kämpft auch ums Überleben, da ist Standfestigkeit fehl am Platz

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  4. Simon Ronner
    Simon Ronner sagte:

    Was qualifiziert eigentlich eine studierte Politwissenschaftlerin für das Amt als Direktorin des Bundesamt für Gesundheit?

    Die Reaktion von Frau Lévy spricht Bände. Der Tobsuchtsanfall und vor allem die Drohung, man werde die Justizmaschinerie des Bundesamtes mit voller Wucht gegen ein kleines Newsportal einsetzen, zeigen, dass sie sich der heiklen Situation, der Schieflage bewusst ist. Ein arrogantes, machtbesoffenes Gebaren.

    Wie im Beitrag erwähnt: Ein gutes Anschauungsbeispiel, wie ernst es der Vierten Gewalt mit der Kontrolle der Mächtigen wirklich ist. Die nächsten Tage werden es zeigen. Ich habe eine traurige Vorahnung.

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    • Victor Brunner
      Victor Brunner sagte:

      Sie gehen davon aus dass es eine Qualifikation für Jobs beim Bund braucht. Ist natürlich falsch. Es braucht vor allem Filz und Fürsprecher. Bei Frau Levy könnte das Lukas Engelberger, Jurist und Politiker, Präsident der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren gewesen sein.

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      • Laura Pitini
        Laura Pitini sagte:

        Der ehemalige, völlige überforderte BAG-Chef Pascal Strupler hatte auch seinen Götti.

        Von 1998 bis Anfang 2003 war er persönlicher Mitarbeiter von FDP-Bundesrat Pascal Couchepin. Strupler war übrigens Jurist von Beruf. Mehr gibt es nicht zu sagen, weil das Fiasko im BAG Bände spricht………..

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      • Rolf Karrer
        Rolf Karrer sagte:

        Seit rund 30 Jahren wissen wir vom ehemaligen  Direktor des Eidgenössischen Personalamtes der Bundespersonalverwaltung Peter Hablützel, dass man sofort 20% aller Beamten entlassen könnte, ohne eine negative Wirkung auf die Leistung der Verwaltung auszulösen. Die Staatsquote liegt beim Bund plakativ gesagt bei zwei Beamten für ein WC………… Dieser Beamte, ein studierter Historiker, stammt übrigens von der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz. Heute ist die Situation beim Bund (insbesondere BAG und VBS) und den Kantonen noch viel schlimmer geworden.

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