Inflation für Dummys erklärt

Aber leider auch von einem Dummy: Patrizia Laeri stöckelt durch die Teuerung.

Ihre gesponsorte, betrommelte und von Ringier durch alle Gefässe gezogene Wirtschaftssendung mit dem merkwürdigen Titel «#DACHelles» dümpelt mit einer deflationären Einschaltquote vor sich hin, dass bald einmal mehr Leute im Studio sind als vor dem Bildschirm.

Ein weiteres prima Marketingelement soll ihre Kolumne im «Blick» sein. Hier tritt sie als «#aufbruch mit Patrizia Laeri» auf. Was sie damit will? Nun, bei Twitter beschreibt sie sich so: «committed to change the face of the media industry.» Vielleicht noch ein Überbleibsel aus ihrer Zeit als am kürzesten und unbezahlt amtierende Chefredaktorin der Schweiz.

Aber gut, Geld scheint zumindest nicht ihr Problem zu sein. Denn sie beginnt ihre Erklär-Kolumne «So teuer ist das Pandemie-Leben wirklich» mit, das soll doch für Leserbindung sorgen, einem persönlichen Erlebnis.

Jessas, ein harmloser Grosseinkauf kostet fast 500 Stutz

Der Grosseinkauf für die Grossfamilie zu Hause. Huch: «485 Franken, bitte.» Laeri räumt einen leichten Kaufrausch ein, «zugegeben, das Laufband lief lange», aber so viel Geld «für Lebensmittel, ein paar Zahnpasten und Duschgel? Sind die Preise derart gestiegen?»

Nun, das kommt darauf an. 500 g Kaviar aus China kosten schon 1390 Franken. Wer mit gutem Gewissen bei Farmy einkaufen will, legt für 50 g echten Schweizer Kaviar 125 Franken hin. Ein Duschgel von «Angel», wenn Laeri das gleiche Parfum verwendet, dass Tamedia bei Melania Trump erschnuppert haben will, kostet 50 Franken. Für schlappe 200 ml.

Aber Laeri will einer anderen Spur nachgehen. Corona habe unser Kaufverhalten auf den Kopf gestellt, es seien viel mehr Lebensmittel gekauft worden, und die deutlich im Preis gestiegen, wie zum Beispiel Butter. Dagegen wollten uns die «Statistiker des Bundes das Gegenteil weismachen». Das Leben sei 2020 um 0,7 Prozent billiger geworden.

Laeri zeigt mit Plattitüden, dass sie den Durchblick hat

Aber nicht mit Laeri, die geht der Sache mal auf den Grund. Inflation werde anhand eines Warenkorbs gemessen. Soweit richtig. Aber: «Der Landesindex der Konsumentenpreise entspricht immer weniger der Lebensrealität der meisten Menschen hierzulande.» Das ist auch richtig, nur: Der Warenkorb bildet die Grundbedürfnisse einer Durchschnittsfamilie ab. Eben zum Beispiel einen Einkauf von Lebensmitteln und Hygieneartikeln.

Butter ist da auch dabei, WC-Papier sowieso. Also wenn es da Preissteigerungen gegeben hat, wären die garantiert im Index drin. Also bleibt es dabei: weniger einkaufen, oder mehr auf die Preise achten. Dann wird das schon mit Laeri und der Inflation.

Recht hat sie hingegen wieder mit der Feststellung, dass bedeutende Ausgaben wie Wohnen oder KK-Prämien absurderweise nicht in diesem Warenkorb enthalten sind. Das führt dann tatsächlich zu einer sogenannten «gefühlten Inflation», die aber auch mit einem breiteren Produktekorb gemessen wird.

Den falschen Baum angebellt, sagt man auf Englisch

Laeri hat sich allerdings nicht über ihre Miete oder über die KK-Prämien für ihre Grossfamilie aufgeregt. Ausserdem gäbe es noch die nicht unwichtige hedonische Messmethode, aber das ist dann eher was für Fachleute.

Laeri will nicht nur erklären, obwohl sie schon daran scheitert. Sie will auch kritisieren, eine Lanze für die Menschen draussen im Lande brechen, für die «Blick»-Leser. Denn wenn man «die Teuerung falsch berechnet», hat das furchtbare Konsequenzen. Beispielsweise für die Löhne. Natürlich sinkt dann die Kaufkraft vor allem bei den «weniger finanzkräftigen Familien».

Sind nun die Reallöhne gesunken oder gestiegen?

Nun sind aber die Reallöhne nach vorläufigen Schätzungen 2020 um 1,2 Prozent – gestiegen. Auch das hält Laeri nicht von ihrer populistischen Forderung am Schluss ab: «Die Schweiz muss die Teuerung endlich volksnäher berechnen.»

Genau; dann können sich sicher auch finanzschwache Familien einen Grosseinkauf für fast 500 Franken für ein paar Lebensmittel, Zahnpasta und Duschgel leisten. Aber eben, leider hören viel zu wenige (und immer weniger) auf Laeri. Kleiner Tipp: Manchmal steigert schon der Kauf von Louboutins die Stimmung ungemein.

1 Antwort
  1. Hans von Atzigen
    Hans von Atzigen sagte:

    Der sog. Warenkorb stammt aus den 60-70. Jahren und umfasst lediglich die Bedürfnisse des unmittelbaren Lebens- Bedarfs.
    In diesem Segment gib es seit Jahrzehnten nur marginale nominelle Preissteigerungen.
    Hier haben die enormen Produktivitätssteigerungen durschlagend-gewirkt und haben die inflation aufgefangen.
    Heute kann und wird mit teilweise massiv weniger Aufwand je Produkteinheit produziert.
    Das wirkt auch in einem weiteren Konsumgüterbereich, China kann und liefert dank Modernster Produktions-Technik zu vergleichsweise Spotpreisen vor allem Elektronik- Produkte und erwirtschaftet trotzdem Gewinne.
    Alles in Butter, fast null inflation?
    (Inflation: Rea|tauschwertverlust je Währungs- Einheit. )
    Die Inflation hat sich längst andere „Ventile» gesucht und gefunden.
    Beispiele sind:
    Negativzinsen, ganz krass auch bei den Aktien- Werten oder bei
    den Alt- Immobilien die kaum noch Real- Ertrag generieren.
    Die Real erwirtschaftete Kapitalbildung ist längst rückläufig,
    und wurde durch geschöpftes ,,Kapital» ersetzt.
    (= Schuldenwirtschaft ausdehnung der Geldmenge, Marktgeneriert und Zentralbanken.)
    Das Manifestiert sich auf den Sparkonten von auch Durchschnittsbürgern
    oder beim Umwandlungssatz von Rentenguthaben.
    Ein weiteres Feld sind die öffentlichen und Privaten Infrastrukturkosten
    Die je Kopf massiv gestiegen sind, auch dank „Verewigung” der
    Hypothekar-Verschuldung, wirkt dieses Inflationsventil NOCH nicht im Alltag.

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