Geheime Tipps für noch mehr Klicks

Der Titel ist schon mal Bauernfängerei. Und nun kommt noch der Sex ins Spiel.

Fragen im Titel? Das, wurde einem früher eingebläut, geht im Journalismus gar nicht. Man soll nicht werweissen, sondern informieren. Doch im Online-Journalismus gilt diese eiserne Regel nicht mehr. Denn ein klarer Titel verführt weniger zum Klicken. Und Klicks – Visits – bedeuten mehr Werbung. Gaudenz Looser, Chefredaktor von «20 Minuten», weiss, wie das geht. Wer unter ihm arbeitet, kann ein Lied davon singen. Der Titel muss sitzen und der kurze Text sofort reinziehen. Ein immer noch treffender Artikel in der NZZ am Sonntag (März 2020, hinter Bezahlschranke) bringt das auf den Punkt. Der Druck sei hoch, es gebe interne Rankings, ein Video müsse bei jedem Ausrücken her, wenn es pressiere, schreibe man ein Zitat und frage bei den Politikern, ob das so ok sei. Den letzten Vorwurf wies Looser vehement zurück. Auch die anderen Beispiele hielt Looser für realitätsfremd, «da sie von anonymen Quellen stammen». Nur, wer in der Schweiz offen Kritik übt am System, hat es schwierig im Medienkuchen. Wenn Klicks so sehr zählen, schreibt man entsprechend. Sex geht immer, Fragen im Titel sind bald Standard.

Clever ist hier der «Blick», der eine gute alte Publireportage fast schon als Investigativ-Text aufmacht. Und dann 5000 Zeichen darüber bringt, wie verantwortungsvoll Philip Morris doch ist.

«20 Minuten» lässt oft im Titel und im Lead die Katze nicht aus dem Sack. Man wird aber gwundrig und schon hat man geklickt. Drei schöne Beispiele hier:

Natürlich und wie gesagt. Sex geht immer. Auch wenn der Teaser-Text (vom Dienstagmittag) leicht überholt daherkommt: «Neben Boutiquebesitzern und Restaurantinhabern haben sich Single-Frauen wohl am meisten auf die Lockerung des Lockdowns gefreut. Jetzt kann das Sexdating endlich wieder losgehen.»  Da kann ZACKBUM.ch nur sagen: schlechte Qualitätskontrolle bei 20 Minuten.

Auch nicht schlecht ist die Masche mit den Listicles, auch wenn dieser Trend eher wieder abzuebben scheint. Die «Du-Form» geht natürlich nur bei «20 Minuten». König der Listen (und der Katzenbilder) ist aber eigentlich das Millionengrab watson.ch. Aber davon ein andermal.

3 Kommentare
  1. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Auch heute bei 20 Minuten, Paid Post, eine halbnackte Frau räckelt sich lasziv auf einer Bettdecke, könnte auch eine Gipfeliwerbung sein. Titel zum Bild: «Hier wetteifern Frauen um Sex-Dates!». Im Strassenjargon etwa: «Frauen sind geil auf einen S……». «20 Minuten» wie der TA gehören zur TX Group. Adresse von beiden Zeitungen Werdstrasse! Da stellt sich die Frage warum Salome Müller von der Mahnfingerabteilung nicht einmal zu Gaudenz Looser geht, mit ihm Tacheles redet, «Hört endlich auf damit», wegen Sexismus, Frauenverachtung und dann ihre Empörung in einer Kolumne im TA zum Ausdruck bringt!

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    • Eveline Maier
      Eveline Maier sagte:

      Gut beobachtet Herr Brunner. Die Glarnerin Salome Müller sollte endlich die wahren Sünder in ihrem Hause thematisieren. Der Gaudenz Looser scheint seine Narrenfreiheit voll auszukosten.

      Die TX Group scheint keine Tabus und keine redaktionellen Richtlinien mehr zu kennen. Der desolate Börsenkurs ist Zeugnis von dieser Verluderung.

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      • Laura Pitini
        Laura Pitini sagte:

        Aufruf an die Mahnfingerabteilung:
        Die Glarnerin sollte dem Schaffhauser Sonnenkönig den Marsch blasen.

        Seit den Zeiten der Simone Meier vor ca. 7 Jahren, gibt es wohl keine Frauenbeauftragte mehr im Hause TX Group.

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