Ex-Press XVIII

Blasen aus dem Mediensumpf.

Die deutsche Sprache wird sozusagen von zwei Seiten in die Zange genommen. Zum einen von Kampffeministen, die nicht zwischen Genus und Geschlecht unterscheiden können und deshalb meinen, jede Form von Genderisierung der Sprache sei ein echter Fortschritt für die Sache der Frau.

Zum anderen sind immer mehr Journalisten auf ihre eigenen Orthografie-Kenntnisse zurückgeworfen, und auch da kommt die deutsche Sprache meistens nicht unbeschädigt davon.

Oder aber, Korrektoren in Banja Luka oder anderen Niedriglohngegenden der Welt, die vorgeben, die deutsche Sprache zu beherrschen, und auch gans billik, Erenword, zeigen selbst bei Titeln, was ein gut gesetzter Deppen-Apostroph doch bewirken kann.

Wenn’s durchs wilde Kannitverstan geht.

Dass offensichtlich aber auch keinem am Herstellungsprozess beteiligten Qualitätsjournalisten aufgefallen ist, dass hier der Apostroph genauso überflüssig ist wie bei Rita’s Restaurant, das ist mal wieder oberpeinlich.

Reden wir erst gar nicht vom Inhalt, reden wir von der Form. Wer dermassen eine Schneise der Zerstörung in der deutschen Sprache hinterlässt, gleichzeitig aber grossen Wert auf Leser*in, LeserIn, Leserin* oder anderen Schwachsinn legt, dafür erst noch Geld verlangt, muss sich wirklich nicht wundern, wenn er keins kriegt. Vielleicht sollte sich CH Media mehr aufs (oder auf’s, wie das Medienhaus schreiben würde) gesprochene Wort verlegen, genügend TV- und Radiostationen hat man doch.

 

Reiche Ernte beim Tagi

Das Blatt der richtigen Lebensart unterscheidet mal wieder klar zwischen Realität und Irrealem, um nicht zu sagen Irren.

«Eine Konkurswelle kommt auf uns zu», konstatiert Milan Prenosil von der Zürcher City-Vereinigung nüchtern. «Ich kenne einige langjährige, gute Unternehmer, die letztes Jahr Konkurs angemeldet haben. Familienunternehmen, deren Existenz innerhalb eines Jahres ausgelöscht wurde.» Prenosil weiss, wovon er redet.

Der frisch ins zweite Glied zurückgeschobene Co-Unterchefredaktor Mario Stäuble* hingegen tut das, was Journalisten am besten können: Er schreibt über ein Thema, von dem er keine Ahnung hat. «So brutal die neuerliche Stilllegung der Schweiz ist, so unvermeidlich ist sie

Dann outet sich Stäuble noch als Epidemiologe und Virologe: «Angesichts der Virusmutation wird es zuerst nochmals schlimmer, bevor es besser wird.» Offensichtlich bezieht Stäuble seine Welterkenntnis vom bekennenden Tagi-Amok Marc Brupbacher, der schon den gesamten Bundesrat für übergeschnappt erklärte, bevor er über Alain Berset endgültig den Stab brach.

Es ist schon erstaunlich, wie offensichtlich über ihre Kompetenzgrenze hinweg beförderte Nullen, die ja eigentlich und unermüdlich nur das Beste für ihre Mitmenschen wollen, vor allem für Marginalisierte und Diskriminierte, dermassen menschenverachtend, zynisch und ohne Empathie aus der Zuschauerloge heraus gnadenlos brutale Massnahmen befürworten.

 

Fröhlich ins Abseits

Eines muss man Roger Köppel lassen: Er knickt nicht ein, nicht mal vor der Realität. Obwohl Doppel-Impeachment-Trump alle mit in seinen Untergang reisst, die ihm immer noch die Stange halten, kennt der Politstratege Köppel nichts.

Das vernichtendste Urteil über sein neustes Werk fällt sein eigener Redaktor Eric Ebneter: «Schlechter Journalismus beschreibt Fiktion als Wirklichkeit.» Damit mokiert sich Ebneter zwar über einen neuen Erguss von Lukas Bärfuss, der den renommierten Büchner-Preis weiter verzwergt. Aber das trifft noch besser auf seinen eigenen Chefredaktor, Verleger und Besitzer zu.

Gleich viermal wird der Angriff des Abschaums auf das Capitol und die Rolle von Trump thematisiert. Eher leichtfüssig von Christoph Mörgeli, der völlig zu Recht auf Ähnlichkeiten zwischen dem «urigen Vieh, das bei der Stürmung des Kapitols gesichtet wurde» und dem Uristier aus dem gleichnamigen Urkanton hinweist. Ohne die Urner zu fragen, was sie von dieser kulturellen Aneignung ihres Wappens durch einen Vollbekloppten halten.

Gleich zweimal ergreift Köppel selbst das Wort. Zunächst singt er das alte Klagelied «zweierlei Mass». Antifa und «Black Lives Matter» tobt in den Innenstädten der USA, das werde schöngeredet. Aber «Amerika geht nicht unter, wenn ein unbewaffneter Mob ins Parlament einbricht». Zudem: «Es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen Ursache (Trump) und Wirkung (Einbruch ins Kapitol).»

Schliesslich habe Trump seine Anhänger aufgefordert, «friedlich und demokratisch» zu protestieren. Was natürlich die Medien ausblenden würden. Dann geht Köppel in eine gewagte Grätsche: «Krawalle sind immer zu verurteilen.» Was Trump ja auch mit klaren Worten tat: «Ich kenne Euren Schmerz. Uns ist ein Erdrutschsieg gestohlen worden. Geht nach Hause, we love you. Ihr seid ganz spezielle Leute.»

Eine Liebeserklärung an den Mob, den er zuvor aufgefordert hatte, die Pennsylvenia Avenue (die zum Kapitol führt) hinunterzumarschieren und Stärke zu zeigen. Aber man kann ja, ausserhalb des köppelschen Universums, nicht mehr ernsthaft darüber diskutieren, dass der Abgang Trumps schändlich ist.

Auf ganz dünnes Eis begibt sich Köppel, wenn er wortreich den Tod einer «unbewaffneten» Demonstratin beklagt, die von der Polizei mit einem «Schuss in den Nacken», also einem Genickschuss, getötet worden sei. Diesen Tod zu beklagen, heisst gleichzeitig, den Tod der anderen, darunter auch ein Polizist, zu verschweigen. Das ist nicht mehr Demagogie, das ist einfach dumm.

Aber Köppel kann noch einen draufsetzen. In der gleichen verzweifelten Tonlage, in der Che Guevara von einem Endkampf zwischen Sozialismus und Imperialismus fantasierte, während er in Bolivien seiner Verklärung zum Märtyrer entgegenwankte, vergleicht der rasende Roger Trump sogar mit dem Terminator. Wohl zunächst, weil das so schön alliteriert, dann aber auch, damit er etwas von einem «Genie der Unzerstörbarkeit» fantasieren kann. Denn wie der (in diesem Sequel bösartige) Roboter, der auch mit halbem Körper noch weiterkämpft, fighte auch Terminator Trump weiter.

Seit Jüngers Stahlgewittern hat wohl kaum einer eine so martialische Sprache verwendet. Wo Köppel fightet, ist sein Trump-Groupie Urs Gehriger nicht weit. Da Steve Bannon gerade unpässlich ist, so abgehalftert, dass nicht mal in grosser Verzweiflung seine Meinung gesucht wird, muss Gehriger einen anderen Trump-Verteidiger aufspüren und zum Interview bitten.

Kein Problem, da gibt es Victor Davis Hanson. Was, Sie kennen DEN Hanson nicht? Bestsellerautor, «der Historiker und Stanford-Professor gehört zu den prominentesten Kommentatoren Amerikas». Nun, er ist Militärhistoriker und befasst sich gerne mit den Kriegstaktiken im Altertum. Als Kolumnist fiel er eigentlich nur einmal auf, als eine Kolumne von ihm weitherum als «blöder Ratschlag» (The Atlantic) oder gleich als «spektakulär dumm» (Andrew Sullivan) belächelt wurde. Der Inhalt war weiter nicht nennenswert.

Doch nun wird Hanson zur kompetenten Stimme aufgepumpt und darf mit Pirouetten, Grätschen am Pferd und an den wenigen kritischen Fragen vorbeiplaudernd, sein Klagelied über die ungerechte Behandlung Trumps in den Medien singen.

Wir können nur hoffen, dass uns die WeWo nicht noch mit einem Trump-Interview überrascht, wenn der zwischen Gerichtsterminen dafür Zeit finden sollte.

Bli-Blü-Blick

Etwas unfokussiert kommt zurzeit der «Blick» daher. Er informiert seine Leser alarmistisch über etwas, was sie schon längst mitbekommen haben. Ausser, sie liegen im Bett: «30 Zentimeter Schnee im Flachland!» Wahnsinn, nach dem Killervirus nun auch noch der Killerschnee. Dabei liefert er viel weiter unten und klein eine Story, die sich für ein Boulevardblatt gut eignet: «Unfall in Chur: Schneepflug erfasst Passantin (44)». Das wäre ausbaufähig; obwohl die Fussgängerin nur «leicht verletzt» wurde; dem Fahrer des Schneepflugs wurde der Führerausweis und eine Blutprobe abgenommen.

Apropos Blutprobe, endlich kann der «Blick» an der Corona-Front mit neuen Formen des Schreckens arbeiten, nicht mehr mit der Wiederholung des Ewiggleichen: «Wissenschaftler fürchten sich vor neuen Mutationen.» KMU-Besitzer fürchten sich vor dem Bankrott, Angestellte fürchten die nächste Entlassungswelle, Beizer fürchten sich gar vor dem Abgrund. Und die Sonntagszeitungen fürchten sich vor weiteren Einbrüchen bei den Verkaufszahlen.

Einsam im Wald: Bezahl-Kasten des SoBli. © Urs Oskar Keller

Da hilft nur eins: weiterkämpfen wie der Trump-Terminator. Aber immer darauf achten, dass die Frisur sitzt.

 

*Dank eines Leserhinweises konnte hier die Falschschreibung des Namens behoben werden.

 

12 Kommentare
  1. Michelle Babst
    Michelle Babst sagte:

    Lieber Herr Zeyer… ist es nicht etwas peinlich, wenn man eine Person durch den Kakao ziehen will und dabei – nicht zum ersten Mal hier auf Zackbum – dessen Namen falsch schreibt? Ich bin sicher, dass Sie den Fehler von alleine finden…

    Beste Grüsse, Michelle Babst

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  2. Franco Zeller
    Franco Zeller sagte:

    Ein Interview mit Donald Trump wäre schon was ganz Spezielles! Wäre das nicht ein Scoop für Zackbum? Zumindest würde dann die ganze Welt von Euch sprechen.

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  3. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Köppel lebt eine schwierige Zeit durch. Sein Traum «Trump first» ist in die Brüche gegangen. 5 Jahre Irrtum, 5 Jahre keine Klarsicht, 5 Jahre Unbelehrbarkeit und Faktenresistent, 5 Jahre den Lesern bewiesen dass er von den USA wenig versteht, das tut weh und braucht Zeit zum verarbeiten. Verschmerzen kann er dass er von der BLM Bewegung und dem Ursprung wenig versteht. 5 Jahre daneben gelegen und immer noch Chefredaktor, gut dass die WW ihm gehört. Selber entlassen wäre etwas peinlich!

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    • Simon Ronner
      Simon Ronner sagte:

      Völlig falsch. Köppel liegt nach wie vor richtig. Die populistische Agenda von Donald Trump ist heute sogar noch aktueller als 2016.

      Viel offensichtlicher machen Sie, Herr Brunner, eine sehr schwierige Zeit durch. Ihre gehässigen Kommentare zu Somm und Köppel zeugen von Verbitterung, Wut und Zorn; meistens beschränkt auf ein primitives Niveau von Beleidigungen.

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        • Simon Ronner
          Simon Ronner sagte:

          Nein. Aber dank Trump ist «The Third Way» bald Geschichte.

          Der Beweis dafür? Trump ist verhasst von beiden Seiten des Establishment: Von links, da er deren kulturmarxistischer Agenda und der Multikulti-Ideologie der offenen Grenzen Einhalt geboten hat; von den «Economist-Rechten», da er die eklatantesten Missstände der Globalisierung thematisiert- und bekämpft hat.

          Nicht nur in den USA wird sich die Revolte des Mittelstandes akzentuieren. Das ist das Schönste am Populismus: Er wird je länger je populärer.

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        • Marcella Kunz
          Marcella Kunz sagte:

          Die Agenda der Allianz von Multimilliardären aus Big Tech/Big Media/Wall Street & radikaler Linke/Antifa/BLM ist mit Sicherheit nicht die Agenda der Working Class. Ob mit oder ohne Trump – der Gegensatz wird nicht verschwinden. Und es wird vermutlich kein Virus mehr geben, das den Blauen auch künftig zum Sieg verhelfen wird.

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        • Alois Fischer
          Alois Fischer sagte:

          Da wäre es Kommentatorenpflicht zumindest zu erklären: wessen Agenda? Warum und wie das geschehen soll?
          Alles Andere ist einfach zu kurz gedacht und eher wie eine schlechte Trumpimitation gemacht, Herr Karrer.

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    • Beth Sager
      Beth Sager sagte:

      Muss beim ihm (wie bei seinem Anbeter) eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung sein.

      Diese Geschichte mit Hochstapler Trump wird weitergehen. Kredite wird er kaum mehr kriegen. Sein fremdfinanziertes Imperium wankt. Roger Köppel hat die Chance endgültig verpasst für eine Neubeurteilung dieses US-Präsidenten.

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    • Karl Wild
      Karl Wild sagte:

      Zackbum und Weltwoche daily sind die wohl innovativsten, unterhaltsamsten und wichtigsten journalistischen Neugründungen der letzten zehn Jahre. Egal, auf welcher Seite man steht. Analphabeten wie Victor Brunner können sich ausserdem regelmässig als primitive Hohlköpfe profilieren.

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