Neues von «*, In, Innen*, der_die, m/w/d, und -innen»

Wer der Sprache ans Mieder geht, ist zu allem fähig. Nur nicht zu gutem Deutsch.

Eigentlich heisst das ganze Zitat von Karl Kraus: «Heinrich Heine hat der deutschen Sprache so sehr das Mieder gelockert, dass heute alle Kommis an ihren Brüsten fingern können.»

Aber seine Verwendung bedingt, dass der Leser (von der Leserin und von allen, die sich als non-binär bezeichnen, ganz zu schweigen) wüsste, wer Karl Kraus, Heinrich Heine oder ein Kommis war. Also fällt das Zielpublikum dieses Artikels schon mal vollständig weg.

Denn nur jemand, der auf Sprachregeln pfeift, mutwillig seine persönliche Meinung ihr als Stempel aufdrücken will, ihr also schlichtweg ans Mieder geht und sie vergewaltigt, kommt auf die absurde Idee, dass der Männersprache eine weibliche Seite aufs Auge gedrückt werden müsste.

Was Sprachverbrecherinnen nicht auffällt

Damit geht auch meistens einher, das ganz allgemein Sprach- und Literaturkenntnisse – sowohl weiblicher wie männlicher Autoren – eher rudimentär vorhanden sind. Von anderen Sprachen ganz zu schweigen. Sonst würde es diesen Sprachverbrecherinnen auffallen, dass das Bestehen auf der Inkludierung von allen möglichen und unmöglichen Geschlechtern auf einem Irrtum beruht.

Den einen Teil haben wir schon abgehandelt. Der andere: Zum Beispiel Türkisch kennt kein Genus (für Nicht-Lateinerinnen: schlecht mit Geschlecht auf Deutsch übersetzt). Türkisch ist also geschlechtlich nicht diskriminierend. Keine unterdrückerische Männersprache. Sondern strahlt Chancengleichheit aus. Wenn die Furzidee, dass eine «Verweiblichung» der Sprache ungeheuerliche Auswirkungen auf das gesellschaftliche Rollenverständnis hätte, müssten also die Türkinnen zu den emanzipiertesten und gleichgestelltesten Frauen der Welt gehören.

Das wüssten die grösstenteils in mittelalterlichen Umständen unterdrückten Türkinnen aber. Das hindert allerdings unwissende Missbraucherinnen der deutschen Sprache nicht daran, die Schraube immer weiter ins Absurde zu drehen.

Eine Berufsvereinigung, die sich schon im Namen disqualifiziert

Das führte jüngst dazu, dass es schon wieder eine Vereinigung mehr gibt, bei der ich sicher nicht Mitglied werden möchte. Nämlich ab 2021 ist «Das Reporter-Forum Schweiz» auch dem Zeitungeist zum Opfer gefallen. Es heisst nun «Reporter:innen-Forum Schweiz». Haben wir ein Glück, dass Schweiz weiblich ist. Aber warum diese Verunstaltung? Das erklärt die neue Vorstandsmitglied*:in* Samantha Zaugg so:

«Vielleicht ist es für den Lesefluss noch ungewohnt, vielleicht aus typografischer Sicht unschön.

Aber noch unschöner ist es, wenn mehr als die Hälfte der Menschen nicht mitgemeint ist.

Deshalb sind wir neu das Reporter:innen-Forum.»

Die Fotografin und Kunststudentin Zaugg bezeichnet sich auch noch als Journalistin. Wir glauben immer noch, dass es für gute Fotografien und für gute Kunst eine mindestens rudimentäre Beherrschung des Handwerks braucht. Dass Regelverstösse (unscharfes Foto, Bilder von Jackson Pollock) zwar begangen werden können, aber dann mit verständlicher Begründung.

Regelverstösse brauchen verständliche Begründungen

Zaugg behauptet nun, dass ohne die ungewohnte, unschöne, in Wirklichkeit schlichtweg kreuzfalsche Missgeburt eines neuen Namens «die Hälfte der Menschen nicht mitgemeint» wäre. Das ist ungefähr so bescheuert, wie wenn man Picasso vorwerfen würde, dass er abstrakte Kühe malte, weil er eine wirklichkeitsnahe Kuh nicht hinkriegte.

Oder dass Robert Capa* ein schlechter Fotograf war, weil er die meisten seiner Fotos, die er unter Lebensgefahr bei der Invasion des D-Day schoss, beim Entwickeln zerstörte.

Oder dass Karl Kraus und viele, viele, viele andere durch ihren Verzicht auf diesen Sprachunsinn die Hälfte der Menschen nicht mitmeinten. Ihnen war (und ist) einfach – im Gegensatz zu Zaugg – der Unterschied zwischen einem generisch neutralen Plural und einem angeblich nur Männer umfassenden Plural bekannt.

Angebliche Korrektheit predigen, aber auf der eigenen Webseite …

Und Hand aufs geschlechtsneutrale Herz, liebe Frau Zaugg, Sie selber glauben doch auch nicht an diesen Quatsch. Sonst sähe diese Auflistung auf Ihrer eigenen Webseite anders aus:

Das müsste eigentlich zum freiwilligen Rücktritt der neuen Vorständerin führen …

 

*Zuerst hiess es hier fälschlicherweise Frank Capra. Danke für den Hinweis von Samantha Zaugg.

5 Kommentare
  1. Marcella Kunz
    Marcella Kunz sagte:

    Für immer mehr, auch private Unternehmen gibts nur noch Mitarbeitende. Ist zwar sprachlich fragwürdig, aber im Plural gehts noch knapp durch. Völlig unlogisch hingegen wirds im Singular männlich: Der Mitarbeitende bleibt trotz aller genderischen Verrenkungen ein Mann.

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    • Don Spanheber
      Don Spanheber sagte:

      Naja die Mitarbeitende wäre auch singular. Bestenfalls einfach sachlich «das Mitarbeitende» verwenden. Nichtsdestotrotz, ich bin ganz bei Ihnen, denn: Der Mitarbeiter und der Mitarbeitende sind nicht dasselbe. Mitarbeiter ist ein Prädikat wogegen Mitarbeitender eher eine Beschreibung der momentanen Tätigkeit ist.
      So redet man heute ja auch nur noch von Studierenden, nicht mehr von Studenten. Als Konsequenz möchte ich bitten Dozenten in Zukunft nur noch als Dozierende zu bezeichnen. Author eines Artikels wird neu mit der/die Schreibende. Nicht zu vergessen, Frau Zaugg ist ab sofort degradiert zur Fotografierenden und selbsternannten Reportierenden. Und zum Abschluss, pardon, Abschliessenden nun die Gretchenfrage: Müsste es somit nicht auch Feminisierende heissen?

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  2. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Zeilen aus einem Artikel über Hazel Brugger von Samantha Zaugg, erschienen in Thurgaukultur.ch:
    «Sagt die Frau von der Agentur. Sehr schade. Weil ich hätte sehr viele Fragen gehabt».

    Weil wenn Deutsch ich könnte besser, ich schreiben nicht «Reporter:innen-Forum».

    Immer wieder witzig wenn Leute Barrieren, in diesem Fall Spachbarrieren, überwinden wollen und auf der anderen Seite auf den Hintern fallen. Aber immerhin hat Zaugg im «Reporter:innen-Forum» die feministische Duftmarke gesetzt, wenn auch etwas pubertär, die Frau ist 26, sprachlich grenzwärtig, sieht sie auch so. Auf die Idee eine bessere Lösung zu finden kommt sie nicht, ist überfordert oder widerspricht dem feministischen Diskurs.

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  3. Arthur Meyer
    Arthur Meyer sagte:

    Beim Berner «Bund» gab es schon vor Jahren einen Redaktionskollegen (er landete später beim Seco) , der mit sektiererischem Eifer in alles und jedes ein «-innen» hineinredigierte. Während des Jugoslawienkriegs änderte er eine Meldung über die Zwangsrekrutierung der Bewohner des Neretvatals zur serbischen Soldateska so ab, dass dort auf einmal auch die Bewohnerinnen eingezogen wurden. Ausgerechnet zu den Machos!

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