Kurze Trauerrede

Orell Füssli stampft den Sachbuch-Verlag ein. Ein Musterstück, wie Personen über Wohl und Wehe entscheiden.

Die Packungsbeilage zuerst: Ich habe mehrere Bücher im ofv veröffentlicht. Das war aber zu Zeiten, als der Verlag von einem gebildeten Grandseigneur geleitet wurde, seine Lektoren einen interessierten und freundlichen Umgang mit Autoren pflegten und selbst die Korrekturleser kenntnis- und hilfreich waren.

Aber nichts bleibt, wie es ist. Nach der Pensionierung des Verlagschefs kam ein Deutscher ans Gerät, dem man zuerst mal erklären musste, wer Christoph Blocher eigentlich ist. Der versuchte dann, den Verlag überraschenderweise nach Deutschland zu orientieren.

Und reagierte auf seine Erfolglosigkeit mit einem ruppigen Umgangston, der mich in die Arme eines anderen Verlags trieb. Aber auch er musste dann mal den Sessel räumen, und nun ist allgemeines Sesselwegstellen.

Das aktuelle Verlagsprogramm ist der letzte Sargnagel 

Das aktuelle Verlagsprogramm des Traditionshauses, lange Jahre die Adresse für Schweizer Sachbücher? Daniele Ganser über die USA. Ein Wilfried von Bredo über die Bundeswehr. «Europas Stunde», «Warum es den Westen nicht mehr gibt», «Chinas Weg zur Weltmacht». Danke, merci, sagt der Schweizer Leser, und der Deutsche interessiert sich nicht unbedingt dafür, wie ihm in einem Schweizer Verlag die Bundeswehr erklärt wird.

Nun ist ofv ein besondere Konstruktion. Eigentlich ist der Bestandteil der Notendruckerei Orell Füssli. 1735 übernahmen Conrad Orell und Hans Rudolf Füssli das Unternehmen, das schon seit 1519 existierte, um die Schriften der Reformation unters Volk zu bringen.

Bedingt durch die Notendruckerei war ofv dann wohl der einzige Verlag der Welt, der hinter Panzerglas und von der Aussenwelt durch ein paar Sicherheitsmassnahmen getrennt werkelte.

Der Sachbuchverlag als schöne Zierleiste des Konzerns

Eigentlich war der Sachbuchverlag schon immer das kleinste Stück in einer Holding, wo die Druckerei mit Geld die Kohle herbeischaffte, juristische Bücher, Lernbücher und selbst Kinderbücher grössere Umsätze einfuhren. Aber eben, ein traditioneller Sachbuchverlag für die Schweiz, das war ein Filetstück.

Früher gehörte auch noch die Teledata AG dazu, die Buchhandlungen nicht zu vergessen. Alles weg, alles verkauft. Denn als auch die weltbekannte Banknotendruckerei ins Stottern geriet und es peinliche Verzögerungen bei der Auslieferung der neuen Schweizer Banknoten gab, knirschte es gewaltig im Gebälk.

Natürlich ist kein Unternehmen gezwungen, eine defizitäre Sparte aus Nostalgie oder Tradition fortzuführen. Aber dennoch geht hier ein Stück Schweizer Geschichte des Buchhandels und des Buchdrucks zu Ende. Das ist traurig.

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