NZZaS: schwacher Kafi Lutz

«Wir sind leider noch keine LeserInnen Ihres Portals»

Meinen ersten Liebesbrief habe ich von einem Kollegen kopiert. Abschreiben ist gar nicht schlimm. Man sollte aber die Quelle angeben; ausser bei Liebesbriefen.

Am 4. November verschickte ZACKBUM.ch eine Medienmitteilung an die wichtigsten Redaktionen der Schweiz: «20 Minuten verlässt Keystone-SDA». Für die Nachrichtenagentur ein herber Schlag. Die Meldung machte die Runde, unter anderem bei der Medienwoche.

Einen Monat später schrieb die «NZZ am Sonntag» ebenfalls einen längeren Artikel. Zum gleichen Thema. Zur gleichen News. Aber ohne uns zu zitieren.

Geweint haben wir deswegen nicht, aber geärgert schon. Zumal gleich zwei hochdekorierte Journalisten hinter dem Artikel standen: Boas Ruh und Anja Burri. Sie werden auch in Zukunft hoffentlich viele Preise, Pokale und Diplome einheimsen.

Der Schweizer Presserat übertreibt natürlich wie immer: «Wer ein Plagiat begeht, d.h. wer Informationen, Präzisierungen, Kommentare, Analysen und sämtliche anderen Informationsformen von einer Berufskollegin, einem Berufskollegen ohne Quellenangabe in identischer oder anlehnender Weise übernimmt, handelt unlauter gegenüber seinesgleichen.»

So weit wollen wir nicht gehen. Burri, die hoffentlich privat ganz anders ist, schreibt: «Leider sind wir noch keine LeserInnen Ihres Portals und haben deshalb auch Ihre Texte zur SDA nicht gesehen. Eine Medienmitteilung hat weder mich noch Kollege Boas Ruh erreicht.»

Und: «Vielleicht können Sie abklären, wann genau und wohin diese verschickt wurde?» Wir haben das intern nochmals genau abgeklärt: Genau am 4. November ging die Meldung an ihren Chef, Herrn Luzi Bernet. Der meldete sich dann auf Anfrage am Abend und will der «freundlichen und korrekten Antwort» seiner Mitarbeiterin nichts hinzufügen.

Wer noch nie etwas von Bernet gehört hat, lernt ihn im Filmchen der «NZZ am Sonntag» ein bisschen näher kennen. Im Begleittext wird vorsorglich gewarnt: «Begleiten Sie Chefredaktor Luzi Bernet eine Woche lang durch die Redaktion und erfahren Sie von ihm, wie die «NZZ am Sonntag» und NZZaS.ch entsteht.» Wir finden: Zum Glück muss Bernet keine Staubsauger verkaufen. Die Zuschauer erfahren vor allem, dass die NZZaS-Journalisten gerne und fleissig Gipfeli essen und Kaffee schlürfen. Dazwischen gibt es eine Sitzung, noch eine Sitzung und warum nicht nochmals eine Sitzung?

Wer so viele Gipfeli essen muss und ständig eine Sitzung hat, verliert manchmal den Überblick. Was ist aber schlimmer: Ein Chefredaktor, der eine Nachricht verpennt oder zwei Journalisten, die eine Woche lang hinter einer Geschichte her sind und ihren Text anscheinend auf der Schreibmaschine verfassen? Nun, wir sind nicht nachtragend. Gerne übernehmen wir den nächsten Espresso. Einen besonders starken.

5 Kommentare
  1. Ray Sinniger
    Ray Sinniger sagte:

    Gibt es keinen barmherzigen Juristen, der/die diese Quellenangabe für Euch einfordern könnte?

    …..und übrigens: Weniger Gipfelipausen machen und stattdessen Zackbum lesen. Auch hochdekorierte Journalisten sollten den 360 Grad-Blickwinkel behalten.

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  2. Simon Ronner
    Simon Ronner sagte:

    Die NZZaS wird seit Jahren weder ihrem Preis noch ihrem Ruf (des Stammhauses) gerecht.

    Man hat sich eben auch hier konsequent dem Haltungsjournalismus verschrieben. Will heissen: Linker Mainstream-Politaktivismus, so plump wie undifferenziert. Artikel zu Phänomenen, Parteien und Personen rechts der Mitte sind an Unausgewogenheit, manipulativer Falschheit, Häme und zum Teil Bitterkeit (vorallem beim Brexit) kaum zu übertreffen.

    Die NZZaS hat längst das erbärmliche Niveau eines Tagi erreicht. Nein, da bringt selbst eine intravenös verabreichte Dauerzufuhr mit Koffein nichts mehr.

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  3. Rolf Karrer
    Rolf Karrer sagte:

    Wer ein Plagiat begeht, ist ein Plagöri. Ethische Vorgehensweisen müssen wieder ihren Platz bekommen.

    Auch die „NZZ am Sonntag» müsste diese Spielregeln kennen. Danke Herr Bernet.

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