4 Monate, die die Welt veränderten

Nun gut, die kleine Medienwelt der Deutschschweiz. Ein wenig.

Schon nach einem Monat waren sich viele Getroffene und Betroffene einig: ZACKBUM.ch macht sicher bald mal die Schraube. Ist doch unvorstellbar, dass drei Nasen freiwillig und ohne Bezahlung monatelang einen Artikel nach dem anderen rauspusten.

Nach inzwischen vier Monaten kann man laut sagen: doch. Es sind inzwischen weit über 330 Artikel geworden; jeden Tag mehr als einer, manchmal sogar drei. Schnell schafften wir, was der Ritterschlag für jedes kritische Organ ist: Wir wurden schnell gehasst – und entweder bedroht, oder ignoriert.

Bedroht mit dem Üblichen: Werden Sie nicht, dann werde ich alle geeigneten rechtlichen Schritte, Blabla. Konstruktiver waren Hinweise von vielen Seiten, wenn der Wunsch entstand, etwas zu ergänzen, allenfalls etwas richtigzustellen.

Das tun wir immer und gerne. Genauso, wie wir aus Prinzip allen Betroffenen oder Beteiligten die Gelegenheit geben, Stellung zu nehmen. Innerhalb eines geplanten Artikels, oder auch als Gastbeitrag. Wir nehmen es als Kompliment für die Stichhaltigkeit unserer Recherchen, dass die Gegenrede noch nie benutzt wurde. Was auch bedauerlich ist.

Nicht minder bedauerlich ist, dass dieses Schweigegelöbnis auch dann gilt, wenn ZACKBUM.ch einen Primeur knallen lässt. Wir haben nach 8 Medienmitteilungen aufgegeben, die übrige Journaille dazu zu bewegen, was sie sonst bei jedem Pipifax tut: etwas vermelden, was wir veröffentlichen.

Seien das die internen und despektierlichen Aussagen des Leiters Publizistik bei CH Media über seine eigenen Leser, das ungenierte Brechen von Sperrfristen, gar die Ergebnisse einer exklusiven Umfrage unter den Medienhäusern, wie sie es mit Kurzarbeit halten: die Antwort ist schweigen. Der Sozialplan von Tamedia bei der nächsten Entlassungsrunde, der Auflagenschwund bei der NZZ, die Fehler von «10vor10», dass Tamedia eine Würdigung seiner ehemaligen Mitarbeiterin Charlotte Peters verschnarcht hat, die schwindende Trennung zwischen redaktionellem und bezahltem Inhalt – das alles interessiert die betroffenen Medien nicht.

Als wir starteten, haben wir nicht gewusst, dass wir immer nötiger werden. Nicht nur, weil wir immer besser werden. Sondern, weil Tamedia schon lange die Medienkritik aufgegeben hat. CH Media weitgehend. Die NZZ vor Kurzem. Weil zudem der «Schweizer Journalist» wie so viele Medien Opfer der Pandemie geworden ist. Kaum mehr Eigenrecherche in der Schweiz, dafür Berichterstattung vom hohen Norden Deutschlands oder von Wiener Hofintrigen.

Auch die «Medienwoche» hustet nur mehr Gesinnungsjournalismus aus, und persoenlich.com bleibt das Organ der Beliebigkeit und der Medienmitteilung: Agentur X hat eine neue Putzfrau angestellt, Pardon, eine Facility Managerin.

In diesem sich selbst verzwergenden Umfeld ist es nicht nur Eigenleistung, immer grösser zu werden. Das drückt sich auch in nicht explodierenden, aber stetig steigenden Zahlen aus. Wir haben nicht die Schweiz als Zielpublikum, und wir befürchten, dass auch Donald Trump uns nicht zur Kenntnis nimmt, was die meisten Kommentatoren in der Schweiz von sich annehmen.

Aber in den meisten Gesprächen mit Berufskollegen, an Reaktionen aus journalistischen Ecken, mit denen wir nie gerechnet hätten, vor allem aber durch den Standardsatz: «natürliche lese ich Euch», wissen wir, dass wir unser Zielpublikum in lediglich vier Monaten erreicht haben.

Werbefreies Magazin

Was bemerkenswert ist, weil wir faktisch keine Werbung machen, nicht on- und schon gar nicht offline. Wir sehen uns bestätigt: Mund-zu-Mund-Propaganda ist besser als alles andere. Wer etwas leistet, und kontinuierlich nicht nachlässt, wird wahrgenommen.

Das äussert sich auch darin, dass wir in dieser geballten Menge noch nie in unserer nun auch nicht kurzen Karriere von Whistleblowern informiert wurden wie seit dem Start von ZACKBUM.ch. Der Leidensdruck in den noch verbleibenden Medienkonzernen ist immens.

Die Zeiten sind kritisch. Die Debatte über Fake News, Gesinnungsblasen, verschiedene Wahrnehmungen der gleichen Realität, fehlende analytische und einordnende Fähigkeiten, Alternativen zum Sparmodell «schmeiss sie raus und verkauf’s dem Leser als Verbesserung», all das braucht Reflexion und kritische Begleitung.

Auch mit Geldvernichtungsmaschinen wie «Republik», «watson», «Bajour» oder die verblichene «TagesWoche»: es braucht kritischen Journalismus wie eigentlich noch nie. Aber wie? Welche Modelle gibt es, wie kann er überleben?

Wir wissen auch nicht alle Antworten. Sonst wäre ZACKBUM.ch bereits in der Stratosphäre angelangt. Aber wir liefern nach bestem Wissen und Gewissen unsere Beiträge. Gepfeffert und nicht weichgespült. Den Temperamenten der tapferen Drei entsprechend. Nur erlaubte Meinung und belegte Tatsachenbehauptung kommen bei uns vor. Deshalb gab es zwar schon viele rote Köpfe und dunkle Drohungen, aber noch nie eine Gegendarstellung oder ernsthafte Rechtshändel.

Daher gilt: Nach vier Monaten ZACKBUM.ch ist vor vier Monaten ZACKBUM.ch. Immer wieder. Immer gerne und mit Lust. Mit Humor, Ironie und ja, auch mal mit Schadenfreude. Denn wie hiess es schon vom genialischen Regisseur und Schauspieler Erich von Stroheim: the man you love to hate.

Aber wir werden nicht nur gehasst, auch geliebt. So erreichen uns gar nicht so selten Anfragen, wohin man denn etwas überweisen könne, man wolle nicht einfach genüsslich konsumieren. Wir haben uns fest vorgenommen, niemals auf das Niveau der «Republik» und vielen anderen zu sinken. Lieber Selbstausbeutung als Bettelei. Aber: Wir wollen natürlich niemanden davon abhalten, seine Dankbarkeit auch finanziell auszudrücken.

Solche milden Gaben brauchen aber eine Struktur. Wer Geld annimmt, wird rechenschaftspflichtig. Muss transparent machen, wohin das Geld genau fliesst, was damit angestellt wird. Wer das kontrolliert. Sonst ist’s nicht seriös. Wir werden nun keine Holding mit AG, Genossenschaft und wunderlichen Buchungstricks basteln. Aber wir arbeiten an was Einfachem und danken vorläufig allen unseren Lesern.

Denn ohne sie gäbe es ZACKBUM.ch nicht. Denn wir haben von Anfang an geschworen: Wenn wir bis Ende 2020 nicht eine deutlich und stetig steigenden Zahl von Besuchern haben, dann ziehen wir den Stecker wieder raus. Dank Euch allen sind wir zuversichtlich, dass wir Ende Jahr ohne diesen Entscheid die Korken knallen lassen.

5 Kommentare
  1. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Zackbum hat nicht die Welt verändert aber unabhängigen Journalismus wieder neu definiert. Heute wo der Mainstream-Journalismus, der copy-paste-Journalismus, der Praktikanten-Journalismus, der Filz- und Genderjournalismus dominiert ist Zackbum wichtig. Wo Chefredaktionen und JournalistenInnen vom Verleger ausgeübte Zensur aus reinen Existenzängsten akzeptieren ist ein unabhängiges Portal das auch die Medienwelt kritisch analysiert zwingend. Die sogenannte 4. Gewalt ist heute mehrheitlich eine Ansammlung von Duckmäusern und Schleimer, von Verlegern die nur noch an die Honigtöpfe der SteuerzahlerInnen wollen. Ob sich dann die NZZ immer noch «wirtschaftsliberal» und der TA «unabhängig» schimpfen. Diesen Verlegern und JournalistenInnen muss Zackbum auf die Finger schauen, sie haben in den letzten Jahren viel Vertrauen verspielt!

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  2. Ruthli vom Rütli
    Ruthli vom Rütli sagte:

    Ein grosses MERCI an euch drei! Macht bitte weiter so! Aber passt auf, dass ihr nicht ausbrennt, es darf auch mal nur ein Artikel am Tag sein. Oder eine Pause am Wochenende. Das nimmt euch niemand übel.

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  3. Peter B.
    Peter B. sagte:

    Ich finde euch wirklich toll, und ja, es braucht euch. Die Primeurdichte ist beeindruckend, eure Vernetzung auch. Ihr könnt alle schreiben und habt Ideen, keine Frage. Mühe habe ich mit dem mittlerweile täglich erscheinenden Corona-Artikel mit dem immer gleichen Subtext: Alles nicht so schlimm, die Studierten wissen es auch nicht besser als wir, Epidemiologen sind Witzfiguren. In der Summe und mit der immer aggressiveren Tonalität hinterlässt das bei mir ein zunehmend ungutes Gefühl, und diese einseitige Anti-Wissenschafts-Haltung steht euch meiner Meinung nach auch nicht besonders gut.

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    • Alois Fischer
      Alois Fischer sagte:

      Wenn sich die «Wissenschaft» an ihre Standards und nicht nur an die Gepflogenheiten einer Pseudoelite halten würde, könnten wir alle guten Gewissens laut herauslachen und über den Begriff Anti-Wissenschaft heftig den Kopf schütteln. Leider besteht kein Grund dazu.
      Ich fühle mich als Wissenschaftsvertrauer und auch nicht als Irgendwas-Leugner, aber getreu einer wissenschaftlichen Maxime bin ich zuallererst für kritische Hinterfrage all der Dinge, die wir Wundergläubigen vom Elfenbeinturm herunter gefüttert erhalten.

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