Köppels Trumpfieren

Eines muss man ihm lassen: Er steht treu zu seinen Politikern.

Sein Auftritt zusammen mit dem Wirrkopf Steve Bannon, ehemals enger Berater von Trump, inzwischen zu Recht von dem als «verrückt» abqualifiziert, das reicht Roger Köppel nicht. Immerhin gibt er ihm keine weitere Plattform, nachdem Bannon nicht nur in allem gescheitert ist, sondern auch noch in eine hässliche Geschichte über Spendenmissbrauch für den eigenen Luxusunterhalt verwickelt ist.

Natürlich ist es auch bewusste Erregungsbewirtschaftung, wenn er seinen copy/paste-Fachmann vor den Wahlen über Trump schwärmen lässt: «Das Beste, was der Welt passieren kann. Warum man auf Trumps Wiederwahl hoffen sollte.» Man beachte den Indikativ beim ersten Modalverb.

Dem folgte dann direkt vor der Wahl die staatsmännische Verklärung; «seine grössten Erfolge, seine bittersten Niederlagen». Schliesslich in der extra um einen Tag verschobenen Ausgabe nach den Wahlen «Trumps letztes Gefecht».

Köppel kämpft mit Buchstaben gegen die Realität

Begleitet wurde das von bislang drei Editorials des Verlegers, Besitzers, Herausgebers und Chefredaktors. Über den «Erzföderalisten», der gar «Ideale hochhält, die in der Schweiz vergessen gingen». Leider ist aber zu befürchten, dass der schrecklich ungebildete Trump nicht mal weiss, was Föderalismus ist.

«Trump, im Felde unbesiegt», setzt Köppel dann seinen Kreuzzug für den so grimmig Missverstandenen fort, «kein anderer US-Präsident der jüngeren Geschichte wurde brutaler und unfairer angegriffen». Hier hat Köppel leider Subjekt und Objekt verwechselt, eigentlich müsste es heissen: Kein anderer US-Präsident hat brutaler und unfairer angegriffen und ausgeteilt.

Schliesslich richtet der ehemalige Geschichtsstudent Köppel den Blick auf die Hinterlassenschaften: «Was von Trump bleibt». Bevor er das anschmachtet, muss er aber zunächst der übrigen Journaille mal wieder die Knöpfe reintun. Sie labere davon, dass Trump ein schlechter Verlierer sei. Das sei natürlich schon vom Ansatz her falsch, da er noch gar nicht verloren habe.

Wer ist hier ein schlechter Verlierer?

Die Demokraten seien hingegen die schlechtesten Verlierer überhaupt, die hätten 2016 schon den Wahlsieg von Trump und ihre Niederlage nie akzeptiert. Diese Behauptung ist allerdings so belegfrei und absurd wie die Behauptungen von Trump, dass ihm durch massive Wahlfälschungen der sichere Sieg gestohlen worden sei.

Auch wenn immer wieder bei insgesamt rund 150 Millionen Stimmzetteln der eine oder andere nicht über jeden Zweifel erhaben sein mag, und auch menschliche Irrtümer natürlich nicht ausgeschlossen werden können: eine bislang ausgezählte Differenz von über 5 Millionen Stimmen kann nicht wegprozessiert werden. Ebenso wenig helfen die unzähligen Eingaben, Beschwerden und unbelegten Behauptungen, dass dort ein paar Tote abgestimmt hätten, hier ein paar Briefwahlstimmen zu spät in die Auszählung geschmuggelt worden seien.

Auch Köppel tischt ein paar solche Räuberpistolen auf. Die Republikaner hätten sich den Zugang zu einigen Stimmlokalen gerichtlich erstreiten müssen. Was gleich mehrfach absurd ist. Als ob deren Abwesenheit, die ebenfalls belegfrei behauptet wird, die Wahlbehörde, die Auszähler, unter denen ungefähr gleichviele Republikaner wie Demokraten vorhanden sind, zu wilden Fälschungsorgien hätte animieren können.

Sämtliche Wahlbehörden, ausschliesslich alle, verwahren sich ausdrücklich dagegen, dass es zu grossflächigem Wahlbetrug gekommen sei. Ganz abgesehen davon, dass das ein schweres Vergehen wäre, für das man ohne weiteres im Knast landen kann. Wohl aus diesem Grund hat der bislang einzige «Kronzeuge» der Anwälte Trumps seine Anschuldigungen, er habe Wahlbetrug gesehen, wieder zurückgezogen.

Alles Pipifax im Vergleich zum Verhalten des Helden Trump

Aber das alles ist ja Pipifax im Vergleich zum einmaligen Verhalten Trumps, der weder seine Wahlniederlage anerkennt, noch seinem Nachfolger auch nur im geringsten bei einer geordneten Amtsübergabe helfen will. Aber für Köppel, den Schwärmer, ist er «wie ein Westernheld aus diesen alten Filmen von John Ford». Da kann es nur einen geben: «So ein John Wayne der Politik ist Trump.»

Ein sehr verwegener Vergleich. Wayne war zwar Rechtsausleger und Rassist, aber damit hören die Ähnlichkeiten zu Trump auch schon auf. Wayne war vor allem, ein fundamental wichtiger Charakterzug, zur Selbstironie fähig. Das bewies er immer wieder in seinen späteren Filmen, und geradezu anrührend in seinem letzten Western «The Shootist», in dem er, selbst schon vom Krebs gezeichnet, einen krebskranken Revolverhelden spielt, der in der Strassenbahn, mit untergelegtem weichen Kissen auf den harten Holzbänken, zu seinem letzten Duell fährt.

Zudem spielte Wayne fast immer den zwar raubeinigen, aber moralisch gefestigten Helden, der klare Prinzipien hat und den Schwachen gegen die Übermächtigen beisteht. Das alles gehört nun nicht zum Kernbereich der Persönlichkeit von Trump.

Was machen die 70 Millionen Trump-Wähler?

Die 70 Millionen Amerikaner, die Trump gewählt haben, «sehnen sich weiterhin nach ihrem Helden. Sie werden nicht verschwinden», fühlt sich Köppel eins mit ihnen. Auch hier täuscht er sich. Amerikaner bewundern Helden, das stimmt. Aber sie verachten schlechte Verlierer. Seine Wähler lassen ihm offenbar alles durchgehen, sein katastrophales Versagen bei der Pandemie, deren baldiges und spurloses Verschwinden er zunächst ankündigte. Sein erratisches Verhalten in der Aussenpolitik. Seine ständigen Lügereien. Selbst seine Frisur.

Aber jemand, der verbohrt und mutwillig versucht, die wenigen stabilen US-Institutionen und Abläufe zu sabotieren, jemand, der behauptet, er habe gewonnen, was er selbst nach köppelscher Logik auch nicht sagen kann, da ja noch kein offizieller Sieger feststeht, wer bislang den Eindruck erweckt, dass man ihn mit Waffengewalt aus dem Weissen Haus holen müsste, wer in den letzten Tagen seiner Amtszeit die Militärspitze vom Verteidigungsminister abwärts feuert und durch unerfahrene, aber loyale Trump-Fans ersetzt, der wird damit nicht lange Sympathiepunkte behalten.

Aber immerhin, einen unverbrüchlichen Anhänger, der sich ohne Rücksicht auf Verluste für ihn in die Bresche wirft, den hat er. Der wird auch nicht verschwinden, wenn sich Trump grollend trollt. Hoffentlich, ohne noch mehr Schäden am System zu verursachen oder einen Krieg vom Zaun zu brechen.

 

11 Kommentare
  1. Eveline Maier
    Eveline Maier sagte:

    Nachdem Roger Köppel seinerzeit den Steve Bannon überhöht auf ein Podium gehoben hat, so müsste er sich spätestens jetzt erklären über seine Fehleinschätzung.

    Schweigen ist nun mal Feigheit im Quadrat.

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  2. Hans von Atzigen
    Hans von Atzigen sagte:

    Zum letzten Abschnitt.
    Ob der entlassene Verteidigungsminister Truppenrückzüge verweigerte?
    Immerhin ist der Trump seit dem Ende des kalten Krieges
    der erste der keinen heissen Krieg ausgelöst hat.
    Sogar der ,,heilige» Vorschuss Friedensnobellpreisträger
    hat Luftkriegsbefehl, Feuer frei, ausgegeben.
    Was ist schon eine Mauer im Vergleich zu einem intensiven Luftkrieg?
    Die Israelis haben auch eine Mauer gebaut, mit einem sehr guten
    Ergebnis, innzwischen faktisch null Terror.
    Sicher Mauern sind hässlich, ganz besonders wenn es sich nicht
    um Schutz, sondern um Gefängnismauern handelt, der eiserne Vorhang war eine,
    die grösste Gefängnismauer aller Zeiten.
    Soviel zum Ende des Realsozialismus den ganz viele bis heute ,,heimlich» bedauern.

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  3. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Ausgerechnet die grösste politische Windfahne der Schweiz schreibt von «Ideale hochhält, die in der Schweiz vergessen gingen». Da kann Köppel nur sich selber gemeint haben. Er will das Volk in Bern vertreten und ist einer der grössten Schwänzer. Will in den Ständerat, tourt durch alle Zürcher Gemeinden und warnt in dramatischen Worten vor dem EU-Turbo Noser, Untergang der Schweiz, um ihn dann im zweiten Wahlgang zu empfehlen. An Peinlichkeit und Opportunismus nicht zu überbieten. Ideale? Trump hat er auch nicht verstanden, dem Nochpräsidenten ging es nie um Ideale, nie um America First, nur um Trump & Family First, um die Verwirklichung der trumpschen Autokratie. Im Nachhinein sind Köppels Lobhudeleien für Trump, der nie Staatsmann war, der nie «Führer» von den USA war, geradezu grotesk. Nun muss der CR der WW kleinere Brötchen backen und anderen Trumpkopien, Bolsonaro in Brasilien, Orban in Ungarn, Erdogan in der Türkei zujubeln. Das kommt davon wennn Journalismus als Ideologie verstanden wird.

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  4. Marcella Kunz
    Marcella Kunz sagte:

    Mind. 90% der europäischen Medien verschliessen beide Augen vor dem weissen Elefanten im Raum namens Corona, dem Geschenk für Biden. Müssen es wirklich 100% sein? Und da gabs noch Big Tech pro Biden/Harris. Sonderermittler Mueller, Impeachment: Fake News, Herr Zeyer? Und auf welchen Wegen kam Bidens Filius in die Ukraine, und was machte er dort so? Aber keine Sorge, Sie werden weiterhin in der Weltwoche schreiben dürfen. Bei Tamedia, Ringier und wohl auch NZZ dürfte dies schwierig bis unmöglich sein.

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  5. Jean Baptiste Huber
    Jean Baptiste Huber sagte:

    «Trump, im Felde unbesiegt».. Ziemlich unappetitlich, diese offensichtliche Anspielung Köppels auf die deutsche Dolchstosslegende nach dem verlorenen ersten Weltkrieg.

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  6. Rolf Karrer
    Rolf Karrer sagte:

    Mag die Wörter „Erregungsbewirtschaftung“ und „Deutungshoheit“. Wurden in den letzten paar Jahre ins zeitgenössische Vokabular gespült.

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    • Laura Pitini
      Laura Pitini sagte:

      Auch so eine Wort-Trophäe in der gleichen Kategorie:

      Vor 25 Jahren wurde das Wort „Kostenwahrheit“ erfunden. Keine Ahnung von wem?

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