Die Meister des Zahlensalats

Die «Republik» hat mal wieder angerichtet und zugesosst.

 

Wie Kollege Beni Frenkel schon völlig zu Recht ausführte, muss man sich nicht nur einige Fragen zum neusten Geschäftsbericht des linken Luxus-Magazins stellen. Sondern sie werden auch gestellt.

Aber nicht wirklich beantwortet. Obwohl doch die «Republik» gerne «die transparenteste Aktiengesellschaft der Schweiz» sein möchte. Und dafür eine eher komplizierte Holdingstruktur mit AG und Genossenschaft gewählt hat.

Aber item, auch bei solchen löblichen Unterfangen geht’s ja schliesslich ums Geld. Um viel Geld sogar. Die einen zahlen, die anderen geben es aus. Wie? Nun, da die Republik basisdemokratisch abstimmen lässt, blättert sie ihre Zahlen und Ausgaben auf. Sie möchte gerne weiterhin knapp 6 Millionen Franken raushauen. Um selbsttragend zu sein, bräuchte das 25’000 zahlende Abonnenten.

«Ihre Stimme für Projekt R!»

Aber an der Urabstimmung beteiligen sich nur etwas über 22’500, mehr gibt’s nicht. Genauer gesagt, abgestimmt haben bislang schlappe 2’027, das ist noch weit unter dem bescheidenen Ziel, dass wenigstens ein Drittel aller «Besitzer» sich meldet.

Dabei endet die Urabstimmung am 22. November um Mitternacht. Nun ist aber das Blöde an solchen Abstimmungen, dass es am Schluss ein Ergebnis gibt. Und das kann, so viel Demokratie muss sein, ja oder nein lauten. Da möchten die «Republik»-Macher nicht in die Meinungsbildung eingreifen, nur: «Natürlich ist es Ihr gutes Recht, den Geschäftsbericht abzulehnen. Aber wir würden uns sehr wünschen, dass Sie uns in der Abstimmungsdebatte dazu vorher kurz schreiben. Vielleicht finden wir einen gemeinsamen Weg.»

Also mit anderen Worten: macht bloss keinen Scheiss. Der könnte sich zum Beispiel daran aufhäufen, dass mit 3,32 Millionen Franken das Redaktionsbudget und die Honorare weiterhin recht üppig fliessen. Denn trotz aller Hilferufe an begüterte und weniger begüterte Unterstützer: Obwohl sich die «Republik»-Macher immer wie Unternehmer aufspielen, sind sie hier gerne Arbeitnehmer, und ein eigenes Opfer bringen, also wirklich nicht.

Happige Ausgaben für den Overhead

Ziemlich happig sind auch die Ausgaben für Verwaltung und «Unternehmensführung», je eine runde halbe Million Franken, natürlich auch hier in erster Linie Löhne. Macht doch nix, die Macher haben doch nur wieder mal einen Verlust von konsolidierten 4,2 Millionen Franken gebastelt.

Das hat allerdings zu zwei blöden Anmerkungen der Revisionsstelle geführt. Also eher peinlich: das «interne Kontrollsystem ist noch nicht genügend dokumentiert». Das bedeutet, dass die grossartige Unternehmensführung und der geballte buchhalterische Sachverstand nicht mal dazu ausreicht.

Die Revisionsstelle ist höchst skeptisch über die Zukunftsfähigkeit

Aber es wird noch schlimmer: Die Revisionsstelle weist auch darauf hin, «dass eine wesentliche Unsicherheit an der Fortführungsfähigkeit besteht». Was heisst denn das? Auf Deutsch übersetzt: wir sind ziemlich skeptisch, ob das Unternehmen die nächste Geschäftsperiode überlebt. Insbesondere: «Aufgrund genügend hoher Darlehen mit Rangrücktritt konnte auf den Gang zum Richter verzichtet werden.» Was wiederum bedeutet: Die «Republik» stand kurz davor, die Bücher deponieren zu müssen.

Nun kann man einen veganen und nachhaltig hergestellten Bio-Falafel darauf nehmen, dass jedes Unternehmen versucht, seine Revisionsstelle von solchen finsteren Bemerkungen abzuhalten. Es ist auch nicht so, dass die kompetente Unternehmensführung aus heiterem Himmel mit dem Bericht überfallen wird. Da setzt man sich vorher zusammen und knetet an der Frage herum: Könnte man das nicht auch lassen? Sieht wirklich blöd aus.

Wobei jede Revisionsstelle gerne bereit ist, denn man möchte ja keinen Mandanten verlieren, grösstmögliche Flexibilität zu zeigen. Natürlich innerhalb gewisser Grenzen, sonst gibt’s dann blöde Haftungsprobleme. Diese Grenzen wären hier offensichtlich überschritten worden, also blieben die Anmerkungen drin.

Gibt’s Probleme? Was für Probleme?

Wir fassen vorläufig zusammen: Die Crew und die Führung haben den Laden nicht im Griff. Sie produzieren weiterhin fröhlich Millionenverluste. Ihre eigene Revisionsstelle hat ernsthafte Zweifel, ob die Bude weiter überlebt. Aber all das wird wortreich schöngeschwätzt, alles im Griff, super, kein Problem. We are the champions.

Und überhaupt, immer das Gemecker an den Löhnen. So koste ein Artikel im Schnitt 2200 Franken, das ist doch halb geschenkt. Ist es das? Wenn die «Republik» pro Tag drei Stücke raushaut, kommen wir im Monat auf rund 200’000 Franken. Im Jahr auf rund 2,4 Millionen. Öhm, wie werden dann die übrigen 3,6 Millionen ausgegeben?

Stückkosten ist immer ein guter Massstab, immer. Alle Aufwände, geteilt durch die Anzahl der hergestellten Produkte. Da weiss man, was man hat. Gehen wir umgekehrt vor. Wenn die «Republik» also pro Jahr ungefähr 1088 Stücke raushaut, dann kostet eins bei einem Budget von rund 6 Millionen – 5555 Franken. Und 55 Rappen.

Alles unklar, ausser vier ewig gleichen Tatsachen

  1. In den Finanzen herrscht keine Transparenz, sondern – absichtlich oder unabsichtlich – ein Riesendurcheinander.
  2. Die Verleger, die Besitzer sollen gefälligst ein Einsehen haben. Nachschiessen, wenn das Wasser wieder mal am Hals steht. Spenden. Werbung machen. Aber ansonsten doch bitte die Schnauze halten – oder ein einfaches Ja genügt auch. Was war schon wieder die Frage? Egal.
  3. Die Arglist der Zeiten, vorhersehbare und unvorhersehbare Probleme begleiten die «Republik» seit Beginn auf ihrer Schlingerfahrt zur Rettung der Demokratie. Dabei erwiesen sich eigentlich alle grossen Skandalstorys tatsächlich als Skandal: aber für die «Republik». Dennoch ist eins in Stein gemeisselt: die üppigen Gehälter. Völlig abgekoppelt von Leistung und Performance.
  4. Sollte es mal wieder ganz eng werden, dann folgt der Griff ins Portemonnaie. Aber nein, nicht ins eigene. Dann wird gebettelt und gejammert. Sollte trotzdem absehbar nicht die gewünschte Summe zusammenkommen, ohne die man finster gedroht hat, alle zu entlassen und die «Republik» zuzusperren, dann wird plötzlich noch ein edler Grossspender aus dem Hut gezaubert. So geht Transparenz heute.
1 Antwort
  1. Alois Fischer
    Alois Fischer sagte:

    Es würde ja genügen, wenn man in der eigenen Bude, der selbsternannten «Republik», die selben Massstäbe verwenden würde, die man bei fast allen anderen Unternehmen anscheinend so sehr vermisst.
    Die Gründerfehler rächen sich immer wieder, immer häufiger und machen einfach keine Freude mehr. Aber kann es das wirklich sein, was wir als Selbstverwirklichung anstreben wollten?
    Wenn Werbekunden, Bonzen, Profiteure nur des Teufels sind und die Mitverleger bloss als weisse Schafe die Wolle (ohne die gehts eben nicht!) abliefern sollen, bewegen wir uns weltweit in einem ziemlich «verrückten» Unternehmensleitbild.

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