Warum der Kleinreport Texte anonym veröffentlicht

Fast alle Print- und Online-Medien machen die Autoren ihrer Artikel sichtbar, nur der Kleinreport nicht.

Man kann durchaus von einer Verluderung sprechen. Es geht um die fehlende Autoren-Kennzeichnung von Artikeln. Kürzlich thematisierte ZACKBUM.ch das Thema anhand der Weltwoche. Bei jenem Wochenblatt sei das eine Tradition, sagte Verleger und Chefredaktor Roger Köppel. «Die Weltwoche hatte immer Rubriken, die nicht gezeichnet waren oder mit Künstlernamen versehen waren.» Und weiter: «Als Eigentümer verantworte ich persönlich alles, was in der Weltwoche steht, gezeichnet oder ungezeichnet, kommentiert oder unkommentiert. Klarer gehts nicht.» Damit steht die Weltwoche ziemlich alleine da. Hin und wieder verfasst die Sportredaktion des Blick eine so heisse Story, dass sie von der «Redaktion» gekennzeichnet ist. Es geht wohl darum, Frontalangriffe von erbosten Fans abzuwehren.

Wer ist denn Frau sda oder Herr pd?

Zumindest mit Kürzel gekennzeichnet sind in Zeitungen alle Artikel und in den Onlinemedien fast alle Artikel. Oft zum Beispiel so: sda/pm. Sprich: der Ursprungstext stammt von der Schweizerischen Depeschenagentur und der Redaktor Peter Muster hat noch eine Ergänzung hinzugefügt. Je nach Augenmass des Redaktors verschwindet das Kürzel sda auch mal, obwohl der Grundstock an Informationen von der SDA stammt. Ähnliches ist zu beobachten, wenn eine Grossfirma oder ein Departement des Staates eine Meldung verschickt – oft in reproduzierbarer Qualität. Redaktor X schreibt ein bisschen um und schon kann er als Autor erscheinen. Passiert immer mal wieder. Die Tendenz ist aber eher sinkend, seitdem Otto Normalverbraucher via Internet oft Zugriff auf die Originalmeldungen hat. Auch schon gehört: Die Frage, wer denn der Autor «pd» sei? Ganz einfach, das ist die Abkürzung für «Pressedokumentation», der Text ist also 1:1 einer Pressemappe oder von einer Website übernommen.

SDA-Meldungen auf bluewin.ch

Hier noch ein Tipp in diesem Zusammenhang: Das Online-Portal bluewin.ch veröffentlicht in der Rubrik 24-h-Ticker alle regionalen SDA-Mitteilungen. Das ist als «Qualitätskontrolle» durchaus spannend zu beobachten. Sprich: Hier kann man schauen, welches Medium was wie aufnimmt.

 

Kommentare und Wertungen ohne Kennzeichnung. Das kommt im Kleinreport öfters vor.

«Impressum sorgt für Transparenz»

Neuere Onlineportale wie watson.ch oder nau.ch halten sich ebenfalls an die Autorenregeln, ebenso die Branchenportale persönlich.ch und die Medienwoche. Nicht aber der seit 20 Jahren erscheinende Kleinreport. Auch wenn nicht wenige Texte Wertungen enthalten und man als Leser wissen möchte, wer hinter den Zeilen steht.  Ursula Klein, Chefredaktorin und Verlegerin des Klein Reports, sieht darin aber kein Problem.

«In den meisten Medienprodukten werden kurze News-Texte nicht gezeichnet – oder dann nur mit SDA, einem Kürzel oder mit Redaktion», sagt Ursula Klein.

Der Klein Report sei ein Online-Portal, das sich dem Informationswert und nicht dem Ego der Schreibenden verpflichtet fühlt. «Das Impressum ist transparent», so Ursula Klein. «Dort sind die zeichnungsberechtigten Journalisten und Journalistinnen aufgeführt.» Aber warum stehen die Namen dann nicht bei den jeweiligen Texten? «Vielleicht ist es bei einigen Journalisten eine gewisse Bescheidenheit… zudem schreibt der Klein Report oft …. «findet der Klein Report»». Ursula Klein ist überzeugt, richtig zu handeln. «Es ist ja nicht jeder Text kommentarwürdig und dementsprechend mit einer riesigen Autoren-Byline zu kennzeichnen». Zudem seien externe Gastbeiträge oder Kommentare selbstverständlich namentlich gekennzeichnet.

Mehrere Personen beteiligt, darum keine Kennzeichnung

Jonathan Progin, seit drei Jahren Redaktor beim Klein Report, ergänzt in einem separaten Mail, man stelle sich bei Erkundigungen und Recherchen per Telefon oder per Mail «selbstverständlich immer mit dem Namen vor». Man sage, aus welchen  Gründen man sich melde. Das gelte auch für kurze Nachfragen, wenn in einer Medienmitteilung etwas  unklar sei. «Ausserdem arbeitet das Team in unterschiedlichen Pensen», schreibt Progin weiter. Man gebe darum intern Geschichten nicht selten weiter, die dann von einer anderen Person fertiggeschrieben würden. «Zum Teil verschicken wir sogar Anfrage-Mails, in denen wir in den ersten Zeilen schreiben, dass mehrere Personen an dieser Geschichte arbeiten und geben die entsprechenden  Namen an. Auch darum verzichten wir grossmehrheitlich auf eine Kennzeichnung der Artikel», so Progin. Eine Haltung, die quer steht etwa zu grösseren Recherchegeschichten des «Tagi»: Dort stehen manchmal bis zu fünf Autoren in den Autorenzeilen.

3 Kommentare
    • Stefan Müller
      Stefan Müller sagte:

      Sorry, ich habe die Aussage von Frau Klein falsch interpretiert. Das ändert aber dennoch nichts an meiner Feststellung.

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  1. Andi
    Andi sagte:

    Es gibt kein Online-Medium, das voreingenommener und unausgewogener ist als der Kleinreport. Das ist weiter nicht schlimm, weil es sich um eine Branchenpublikation mit bescheidener Reichweite handelt. Frau Klein jedenfalls hat Lieblingspersonen und -firmen und solche, die sie, nun ja, eher verabscheut. Ihre diesbezügliche Haltung manifestiert sich sozusagen in jedem Text. Das prägt die Mitarbeiter. Ausnahmen bestätigen die Regel. Fazit: Ein Trüppchen, das sich mit ihrer leicht exaltierten Chefin etwas zu wichtig nimmt. Prädikat ‚herzig‘.

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