Der nachtragende Heuchler, Teil drei

Hansi Voigt kann auch anders Schaden anrichten.

Hier geht’s zu den Teilen eins und zwei.

Die Entscheidung, immerhin 150’000 und eine Entschuldigung abzulehnen, dürfte Spiess-Hegglin noch schwer bereuen, aber dann kann Voigt natürlich nichts dafür, dass ein unverständiges Gericht seinen Berechnungen nicht folgte. Auf jeden Fall beziffert die Anwältin von Spiess-Hegglin den Streitwert ihrer neuen Klage auf ein paar 100’000 Franken; genauer könne man das erst sagen, wenn die genaue Gewinnsumme feststehe.

Nun wird es schon wieder ein Momentchen kompliziert, denn es gibt auch den Verein «Fairmedia». Der hat sich zur Aufgabe gemacht, all denen zu helfen, «die von unfairer Medienberichterstattung betroffen sind», mehr noch, er «prangert an, wenn sich ein Medium nicht an journalistische Standards hält».

Ilustre Schar der Ewiggleichen

Auch hier hat sich im Vorstand eine illustre Schar der Ewiggleichen versammelt. Als Präsident amtet der SP-Nationalrat Beat Jans, unterstützt von seinem Kollegen Jon Pult. Ebenfalls an Bord ist die «Kampagnenspezialistin» Jessica King – und natürlich Guy Krneta als Vizepräsident.

King amtete auch schon als Geschäftsführerin, als das ursprüngliche Duo das Weite suchte, inzwischen ist sie seit Kurzem durch Jeremias Schulthess ersetzt. Ausserdem schmückt sich «Fairmedia» mit einem parteiübergreifenden «Patronatskomitee».

Nun muss man wissen, dass «Fairmedia» Spiess-Hegglin bei deren Crowdfunding-Aktion unterstützte, mit der sie locker über 70’000 Franken für Prozessfinanzierung einsammelte. Auch Hansi Voigt rühmt sich, ihr dabei unter die Arme gegriffen zu haben. Man darf sich aber fragen, was «Fairmedia» eigentlich unternimmt, wenn es selbst gegen einige juristische Standards verstösst.

Wenn Unfairmedia gegen seine eigenen Prinzipien verstösst

Dass «Fairmedia» seine unverbrüchliche Unterstützung für Spiess-Hegglin erklärt, nun gut. Selbst deren Anwältin warnt in ihrer neusten Klage davor, dass sich «Medienschaffende von ihrer Quelle nicht instrumentalisieren lassen dürfen», weil die Gefahr bestünde, von ihr «manipuliert zu werden».

Es wäre interessant, was der Vorstand oder das Patronatskomitee zu dieser Einlassung von «Unfairmedia» sagen würden. Zunächst bejubelt der Verein, dass Spiess-Hegglin vor Gericht «erneut Recht bekommen» habe. Aber wenn schon Voigt nicht versteht, was eine vollumfängliche Ablehnung aller Anträge bedeutet, wieso soll das «Fairmedia» kapieren. Vielleicht empfiehlt sich eine Konsultation bei sich selbst, denn es preist sich auch als «Kompetenzzentrum in Medienrecht und Medienethik» an. Okay, darunter fällt Zivilprozessrecht vielleicht nur am Rande.

Aber «Fairmedia» ist auch so fair, in die Zukunft zu blicken. Denn der Verein stellt die überraschende Frage: «Was das Blick-Urteil mit Michèle Binswanger zu tun hat.» Die kurzgefasste Antwort wäre: rein gar nichts.

Es geht gegen Michèle Binswanger

Aber das wäre ja für eine unfaire, parteiische und zudem falsche Berichterstattung etwas wenig. Bekanntlich hat die durchaus merkwürdige Zuger Justiz tatsächlich eine superprovisorische Verfügung gegen ein noch gar nicht geschriebenes, nur geplantes Buch von Binswanger erlassen.

Da wusste Voigt schon schnell:

«Binswanger auf dem U-Turn der Unschuldsvermutung fussendem Buchprojekt. Das Edgar Schuler in Auftrag gab und von dem sich Supino und Rutishauser distanzieren.»

Wir ahnen es schon, diese Realitätsverweigerung ist nur möglich, wenn man niemanden angefragt hat. Schon wieder hellseherisch den Inhalt eines Buchprojekts kennt, das noch gar nicht geschrieben ist.

Ein einigermassen ernst zu nehmender Journalist hätte Edgar Schuler Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Und zumindest sein Dementi erwähnt. Denn Schuler sagt auf Anfrage von ZACKBUM.ch zweimal «nein». Nicht gefragt worden, nicht beauftragt. Auch die angebliche Distanzierung von Supino und Rutishauser ist frei erfunden. Natürlich wurden auch sie nicht angefragt, deshalb ergreift Arthur Rutishauser hier gerne die Gelegenheit, auch diesen Unsinn richtig zu stellen:

«Ich habe mich nie von der Recherche distanziert. Ein Buch zu schreiben war nie der Auftrag, recherchieren und Artikel zu schreiben jedoch schon. Dafür sind wir bei der Tamedia ja angestellt. Den Entscheid von Michèle, in Ihrer Freizeit daraus ein Buch zu machen, habe ich unterstützt, auch wenn das ein privates Projekt ist.»

Faire Berichterstattung? I wo

Inzwischen fällte das Kantonsgericht das ungeheuerliche Urteil, die Superprovisorische aufrecht zu erhalten. Aber zurück zu Unfairmedia. Die nehmen das damit in keinem Zusammenhang stehende «Blick»-Urteil zum Anlass, sich hämisch zu fragen, worüber Binswanger denn noch schreiben könne. Vielleicht «über das Wetter am Abend, über die Farbe der Eingangstüre oder über das Menü, das serviert wurde».

Das nennt man wohl alles eine vorbildliche, faire Berichterstattung. Aber die ist Fairmedia, Voigt und auch Pascal Hollenstein, der sich als Leiter Publizistik bei CH Media mit Voigt in die Rolle des Mediensprechers für Spiess-Hegglin teilt, völlig egal.

Bei diesem Personal wird das kein gutes Ende nehmen. Ach ja, Peter Wanner sollte sich wirklich fragen, ob es so einen vorbildlichen publizistischen Leiter verträgt. Gisela Oeri sollte sich fragen, ob sie wirklich wieder drei Millionen verrösten will. Zumindest das Patronat von Unfairmedia sollte sich fragen, ob diese Parteilichkeit wirklich mit den Vereinszielen vereinbar ist. Die Antworten liegen auf der Hand.

 

Hansi Voigt bekam einen umfangreichen Fragenkatalog und üppig Zeit, dazu Stellung zu nehmen. Aber wie Angstbeisser teilt er gerne aus, steht aber nicht seinen Mann. Die wiederholte Anfrage blieb unbeantwortet.

2 Kommentare
  1. Ray Sinniger
    Ray Sinniger sagte:

    Es handelt dabei wohl um die Beatrice Oeri (also nicht die Gisela) , Jahrgang 1954, die sich da vielfältig einbringt. Oeri gründete beispielsweise die Stiftung Habitat 1996 zusammen mit dem Architekten François Fasnacht für eine «wohnliche Stadt». Einst mit dem bescheidenen Startkapital von 100’000 Franken gestartet, flossen der Stiftung in zwei Jahrzehnten Millionen zu, sodass ihr im Raum Basel mittlerweile 38 Liegenschaften gehören. Über die 2015 übernommene Tochterfirma Roleba sind weitere acht Mehrfamilienhäuser dem Stiftungsvermögen zuzurechnen. Dank Beatrice Oeri wurden wunderbare Wohnobjekte der Spekulation entzogen. Ideologisch steht die Stiftung der anthroposophischen Bewegung von Rudolf Steiner nahe und unterstützte aktiv die vom Basler Stimmvolk angenommene Bodeninitiative. Diese verlangt, dass der Kanton Land lediglich in Baurecht abgibt.

    Vor zwei Jahren hat sich Beatrice Oeri in ihrem ordentliche AHV-Rentenalter aus dieser Habitat-Stiftung zurückgezogen.

    Die Stiftung Levedo, 2007 von Beatrice Oeri gegründet, einer Haupterbin des Pharmakonzerns Roche, will «zur kulturellen Vielfalt sowie zu einer offenen Gesellschaft beitragen». Schwerpunkt liegt im Engagement in den Bereichen Musik und Medien.

    Diese dritte Stiftung wurde im April 2011 gegründet. Ihr Zweck: ein «vielfältiges Medienangebot zugunsten einer offenen und toleranten Gesellschaft». Die «Stiftung für Medienvielfalt» unterstützt dabei kleinere und grössere Medienprojekte in der ganzen Schweiz, unter anderem den Onlineauftritt des Ostschweizer Kulturmagazins «Saiten». Die eingegangene «TagesWoche» war ihr bislang grösstes Projekt mit Riesenabschreiber. Letzes Projekt scheint jetzt also das Szene-Portal «Bajour» zu sein.

    Ist ja bewundernswert, wie die sehr wohlhabende Frau Oeri vielfältig und grosszügig Projekte unterstützt, insbesondere in ihrer Stadt Basel. Ihre angestossenen und kostspieligen Projekte im Medienbereich leider mit einer durchzogenen Bilanz.

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    • Rolf Karrer
      Rolf Karrer sagte:

      Klar die falsche Frau.

      René Zeyer schreibt in seinem Text von Gisela «Gigi» Oeri. Die grosse Mäzenin in diesem Medienbereich heisst allerdings Beatrice Oeri, wie dies im Kommentar Ray Sinniger beschrieb. Wäre wunderbar, Herr Zeyer würde jetzt noch seinen Text anpassen.

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