Hansi, aufräumen!

Herr Ober Hansi Voigt, Zahlen bitte!

Mit Zahlen und Journalismus verhält es sich leider häufig wie mit dem Geschwisterpaar PIN und PUK: Wer sie nicht häufig nutzt, vergisst sie leider.

Und damit wären wir schon bei Hansi Voigt. Der mehrfach prämierte Journalist hat vor über vier Jahren Watson verlassen. Seitdem ist es nicht leise um ihn geworden, sondern eher lauter. Talkshow hier, Talkshow dort. Voigts Problem: Noch fehlen ihm mindestens sieben Jahre bis zur Pension.

Voigt schreibt heute im Teenie-Magazin bajour.ch. Da ist er Co-Chefredaktor und sitzt zugleich im Vorstand. Auch wenn es in seinem Kopf so aussieht, wie in einem unaufgeräumten Kinderzimmer, muss man sich keine Sorgen um ihn machen.

Bei Menschen ab 55 ist das eigentlich eine passende Beschreibung einsetzender Demenz. Dem Hans-Jürgen geht es aber gut. Er lacht viel und spielt gerne Schlagzeug.

Über die Texte auf bajour.ch und über Kinderzeichnungen sagt man lieber nichts. Nur manchmal kratzt man sich am Hinterkopf. Zum Beispiel über die vielen Texte, die die Jugendlichen über die Roma-Bettler in Basel schreiben. Die bösen Polizisten knöpfen den Banden nämlich ihr Geld ab! Und dabei kriegen die Bettler im Durchschnitt nur 20 Franken von den lieben Baslerinnen und Basler! Und von den 20 Franken müssen sie Diabetes-Spritzen bezahlen! Und der Rest geht nach Rumänien!

Fähige Chefredaktoren zeichnen sich dadurch aus, dass sie den Esprit der übermotivierten Truppe zwar nicht lahmlegen, die jungen Menschen aber etwas zügeln: Zwei Artikel über die Roma-Bande reichen, es braucht nicht deren 20.

Voigt schreibt einen Kommentar zu den Bettlern. Der Artikel hat es in sich. Voigt schreibt unter anderem:

Rumän*innen karren als Lastwagenfahrer*innen zu Dumpingpreisen die Waren auf Europas Strassen hin und her und nähen schnelle Mode für H&M – billiger als Bangladesch. Die Textilindustrie in Rumänien beschäftigt über eine halbe Million Menschen. Den Mindestlohn von 250 Euro zahlen die wenigsten und auch davon kann keine Familie leben. Und das sind Jobs, an welche die Roma, die auch in Rumänien am Rand der Gesellschaft leben, nicht mal herankommen.

Gleich drei Fehler enthält dieser kurze Abschnitt:

  • Der Mindestlohn in Rumänien liegt nicht bei 250 Euro. Gemäss Angaben des Statistischen Amts der Europäischen Union (Eurostat) lag der Mindestlohn im Januar 2020 bei über 450 Euro.
  • Nicht „über eine halbe Million Menschen“ arbeiten in Rumänien in der Textilbranche. Gemäss eines ARD-Artikels vom 20.8.2020 sind eine Viertelmillion in der Textil- und Schuhindustrie beschäftigt.
  • Die Produktionskosten in Bangladesch sollen höher sein als in Rumänien? Quatsch mit Pastrama.

ZACKBUM.ch wollte von Voigt natürlich wissen, ob er freundlicherweise die Daten zu seinen Fakten hat. Voigt: „Ich habe kein Bedürfnis, an ihrer Medienshow teilzunehmen.“ Muss er natürlich nicht. Aber sein Kinderzimmer im Kopf sollte er endlich mal aufräumen. Da sind wir streng. Sonst – ohni Znacht is Bett!

6 Kommentare
  1. Eveline Maier
    Eveline Maier sagte:

    Wirklich Schade für den guten Hansi.
    Er ist eigentlich bloss aus purer Verlegenheit Journalist geworden. Seine grosse, wahre Passion lag im Management der Band «All because the lady loves» aus Newcastle. Leider hat diese hervorragende 2-Frauen Combo nie ganz den Durchbruch geschafft.

    Später ging er als Produzent zum «Cash», danach «20 Minuten» und «Watson».

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  2. Rolf Karrer
    Rolf Karrer sagte:

    Alle Journalisten seien gewarnt: Die Zackbum – «Medienshow» stellt euch an den Pranger bei unsauberer Recherche.

    Denke auch, der Faktencheck im täglichen Journalismus ist nötiger denn je; gerade auch bei einer Kinderpostille.

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    • Ray Sinniger
      Ray Sinniger sagte:

      Eine grosse Bitte an Herrn Karrer.

      bajour.ch ist definitiv keine Kinderpostille, sondern ein urbanes, lebensnahes Stadtmagazin von Basel. Es hat zum Beispiel die Wohnungsmisere in der Stadt Basel auf der Agenda. Es macht momentan auf die Massenkündigung von Mietern aufmerksam durch Spekulanten. Jetzt weiss ich auch durch dieses Portal, dass der Spitzenfussballer Breel Embolo Besitzer ist der Liegenschaft Kannenfeldstrasse 12 mit 12 Wohnungen.

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    • Peter Dodd
      Peter Dodd sagte:

      Die beiden Chefredaktoren Hansi Voigt und Andrea Fopp machen doch wirklich kein Kinderprogramm bei bajour.ch.

      Interessant zu wissen, dass im Impressum dieses Portals Jolanda Spiess-Hegglin aufgeführt wird als Hasspost-Löscherin und GIF-Spezialistin (Community Managerin).

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  3. Edwin Hunggeler
    Edwin Hunggeler sagte:

    Haha, da denkst du, bei einer Teeniezeitschrift läufst du unter dem Radar, aber dann findet dich der Frenkel…

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